Chilenen stimmen über Bildungsreform ab
Die Protestbewegung für einen Wandel der Bildungspolitik macht weiter Druck. Am 7. und 8. Oktober können Chilenen bei einem Plebiszit ihre Stimme für oder gegen die Forderungen der Schüler, Lehrer und Studenten abgeben. Bereits ab Mittwoch kann online abgestimmt werden. Alle Chilenen über 14 Jahre können ihre Stimme abgeben.
Abstimmung über Forderungen der Studenten
Folgende vier Fragen sind aufgeführt, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können: Sind sie der Meinung, dass es kostenlose und qualitativ hochwertige öffentliche Bildung auf allen Bildungsstufen geben soll, die vom Staat garantiert wird? Sind sie der Meinung, dass die Verantwortung für Schulen und Gymnasien den Kommunen wieder entzogen werden und sie dem Bildungsministerium auf eine dezentralisierte, partizipative und autonome Weise unterstellt werden sollen? Sind sie der Meinung, dass Profite aus staatlichen Fonds auf allen Niveaus des chilenischen Bildungssystems verboten werden sollen? Sind sie der Meinung, dass die Notwendigkeit zur Durchführung eines bindenden Volksentscheids besteht, zudem die Bürger aufrufen, um die grundlegenden nationalen Probleme zu lösen?
Die Fragen entsprechen den Forderungen der Protestbewegung, die seit April dieses Jahres für eine Reform des Bildungswesens protestiert. Laut einer kürzlich veröffentlichten Stimmungsumfrage (CERC) unterstützen derzeit 89 Prozent der Wahlberechtigten die Forderungen der Studenten. Auch für den morgigen Donnerstag haben Studentenorganisationen und Lehrervereinigungen erneut zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen.
Kriminalisierung der Proteste
Unterdessen hat der chilenische Präsident Piñera vergangenes Wochenende einen Vorstoß unternommen, die Besetzung von Straßen oder Schulen unter Strafe zu stellen, indem Artikel 269 des Strafgesetzbuches geändert werden soll. „Wer die öffentliche Ordnung, den Frieden der Bürger oder öffentliches und privates Eigentum angreift, wird auf harte Gesetze treffen“ und „entsprechend bestraft“, wird Piñera von der Agentur Telesur zitiert. Mit der Änderung des Gesetzes würden auch kurzzeitige Straßenblockaden hart bestraft. Wer an Besetzungen von öffentlichen Einrichtungen teilnimmt, soll mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden können.
Dieser Vorstoß des Präsidenten belastet, ebenso wie die Forderung, Schule und Studium wieder aufzunehmen, die Verhandlungen zwischen Protestierenden und Regierung. Erste Gespräche waren erfolglos verlaufen, am heutigen Mittwoch sind weitere Verhandlungen vorgesehen. (bh)