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Brasiliens schwarze Perle

 Eine Baiana in traditioneller Kleidung füllt die Bohnenfrikadelle Acarajé. Foto: Laura Moreira. CC BY-NC-SA 2.0.
Eine Baiana in traditioneller Kleidung füllt die Bohnenfrikadelle Acarajé. Foto: Laura Moreira. CC BY-NC-SA 2.0.

Rund 80 Prozent der Bevölkerung Salvadors sind afrikanischer Abstammung, Nachfahren von Sklaven, deren Kultur hier so lebendig ist wie nirgends sonst in Brasilien. Neben der allseits präsenten Musik wird die Lebenswelt der "Baianos", also der Bewohner des Bundesstaates Bahia, von erschreckenden sozialen Gegensätzen geprägt.

Baiano zu sein, sei in erster Linie eine Gefühlslage, schrieb einst Jorge Amado (1912-2001), Bahias berühmtester Schriftsteller. Und die scheint meist locker und beschwingt zu sein. Doch die Schatten der Sklaverei sind noch gegenwärtig. "Salvador ist eine der rassistischsten Städte Brasiliens", sagt die Journalistin Claudiana Ramos: kein offener Rassismus, sondern einer "der in den Blicken liegt, die sagen, dass man nicht dazugehört".

Scharfe Trennung

Die scharfe Trennung zwischen der weißen Ober- und Mittelschicht sowie den armen, meist dunkelhäutigen Bewohnern ist augenfällig. Nirgendwo sonst in Brasilien leben derart viele Menschen in Slums mit hoher Gewaltrate, sogenannten Favelas. Liegt die Mordrate für das Stadtgebiet bei 60 Morden pro 100.000 Einwohner, erreicht sie in den Vorstädten Spitzen von bis zu 150; zum Vergleich: in Deutschland sind es ca. 0,3. Laut UN-Angaben belegt die Stadt in der Liste der weltweit gefährlichsten Städte Rang 13.

Die Opfer seien in der Mehrzahl junge, dunkelhäutige Männer aus armen Familien, "ohne festen Job und Schulabschluss", sagt Tania Cordeiro von der Landesuniversität UNEB. Meist in Drogenkriminalität verwickelt, sterben sie durch Bandenkriege oder bei Konfrontationen mit der Polizei.

Für jeden Tag eine Kirche

Salvador ist auch ein religiöses Zentrum des Landes. Angeblich gibt es in der Stadt 365 katholische Kirchen, "für jeden Tag eine" - wobei die Barockkirchen zu den prächtigsten ganz Amerikas zählen. Hier entwickelte sich auch der im Land verbreitete Synkretismus. Da den Sklaven die Ausübung ihrer Religion untersagt war, ordneten sie jedem katholischen Heiligen eine afrikanische Orixa-Gottheit zu. So konnten sie in der katholischen Messe gleichzeitig ihren alten Gottheiten huldigen.

Afro-brasilianische Religionen wie Candomble und Umbanda koexistieren heute friedlich mit dem Katholizismus. Dafür erleiden sie Anfeindungen durch evangelikale Pfingstkirchen, für die afrobrasilianische Religionen Teufelswerk sind. "Oft wurden afrobrasilianische Kultstätten von fanatischen Evangelikalen angegriffen", berichtet die Candomble-Priesterin Juciara Ribeira. Ihre Mutter erlag nach einer Verleumdungskampagne durch eine Pfingstsekte einem Herzinfarkt.

Der frühere Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva erklärte den Todestag ihrer Mutter zum Nationalen Tag gegen religiöse Intoleranz. Dass derartige Gesten nötig sind, belegte vor einigen Wochen auch ein Gerichtsurteil. Es wies den Antrag ab, von Pfingstsekten gepostete Internet-Videos mit Verunglimpfungen afrobrasilianischer Religionen zu löschen. Es wurde angeführt, dass es sich nicht um eine Religion handele. Erst nach massiven Protesten wurde das Urteil revidiert.

FIFA zieht den Kürzeren

Auch der mächtige Fußballverband FIFA musste eine Niederlage hinnehmen. Er wollte eine traditionelle Bohnenfrikadelle, "Acaraje", die nur von geweihten Personen afrobrasilianischer Religionen zubereitet werden darf, von einer Fast-Food-Kette in der WM-Arena Fonte Nova verkaufen lassen. Zugleich sollten die seit Jahrzehnten hier aktiven Verkäuferinnen aus dem Stadion verbannt werden. Doch die FIFA zog den Kürzeren.

"Für uns ist das ein Grund, stolz zu sein", sagt Rita Santos, die als Präsidentin der Vereinigung der Acaraje-Verkäuferinnen ihr Anliegen sogar Staatspräsidentin Dilma Rousseff vortrug. "Wir sind weltweit die einzigen, die die mächtige FIFA in die Knie gezwungen haben." Der deutschen Nationalmannschaft ist jedoch vom Genuss eines Acaraje vor ihrem ersten Gruppenspiel gegen Portugal in der Arena Fonte Nova abzuraten: Die in Palmöl gebratenen Frikadellen liegen sehr schwer im Magen.

Autor: Thomas Milz
Quelle: KNA

Foto: Laura Moreira. CC BY-NC-SA 2.0.

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