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Brasilien: In Rio ist der Karneval nun offiziell verboten

Rio de Janeiro ist die am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Stadt in Brasilien. Nachdem der Karneval bereits abgesagt wurde, drohen jetzt sogar Bußgelder für Jecken, die trotzdem feiern.

Proben für den Karneval 2005 im Stadion der Sambaschule "CRES Beija-Flor do Nilopolis" in Rio de Janeiro, Brasilien. Foto: Adveniat/Achim Pohl

Vom 12. bis 22. Februar ist es in Rio verboten, Karneval zu feiern. Bürgermeister Eduardo Paes, der selber ein bekennender Fan der jecken Zeit ist, hatte in der vergangenen Woche ein entsprechendes Dekret erlassen. Weder die weltberühmten Sambaschulen noch die „Blocos“, also die Gruppen des Straßenkarnevals, dürfen feiern. Auch ist den fliegenden Händlern untersagt zu arbeiten. Wer trotzdem erwischt wird, dem darf das Ordnungsamt die Waren abnehmen. Zudem drohen Bußgelder.

Straßenhändler und Gastgewerbe leiden

Die Straßenhändler sind nicht die einzigen, die unter der Absage des Karnevals leiden. Die Hotels der Stadt sind statt zu 100 Prozent, wie sonst üblich, nur zur Hälfte belegt. Auch Restaurants rund um die von Touristen beliebte Südzone mit den Traumstränden spüren das Ausbleiben der Gäste. Normalerweise würden rund 1,5 Millionen Touristen im Karneval die Stadt besuchen, hat die Fundação Getúlio Vargas (FGV) ausgerechnet. Die große Mehrheit, rund 88 Prozent, sind brasilianische Touristen, der Rest kommt aus aller Welt zum Zuckerhut. Nur dieses Jahr eben nicht.

Der chronisch unter klammen Kassen leidenden Stadt Rio de Janeiro dürften durch die Absage des Karnevals Millionenbeträge entgehen. Insgesamt bringe der Karneval rund 3,8 Milliarden Reais (umgerechnet rund 580 Millionen Euro) an zusätzlichen Umsätzen in die Stadt, so FGV. „Es gibt Auswirkungen auf die Tourismusbranche, die Hotels und Restaurants, klar. Das kann man nicht leugnen“, erklärt Aydano Andre Motta, ein Experte für den Karneval von Rio. „Aber am meisten leidet die arme Bevölkerung, die normalerweise in den Sambaschulen den Karneval vorbereitet oder informell während des Straßenkarnevals arbeitet.“

Nothilfen für informell Beschäftigte

Wer im Karneval arbeitet, hat meist keinerlei Sozialversicherungen. Wie in vielen Branchen regiert auch hier die Informalität. Das bedeutet, dass Tausende von Näherinnen, Schreinern oder Skulpturenbauern derzeit ohne Einkommen dastehen. Nur wenige Sambaschulen haben ihre Mitarbeiter bei reduzierten Salären weiterbeschäftigt; die meisten "Escolas" haben derzeit ihre Tore geschlossen. Um die dringendste Not zu lindern, gibt es Privatinitiativen wie den „Barracão Solidário“, die Lebensmittelpakete an die Notleidenden verteilen. Zudem bezogen viele der Arbeiter die staatlichen Corona-Hilfen von anfangs 600 Reais pro Person. Doch die ist mittlerweile ausgelaufen.

Rio ohne Karneval - eigentlich ist das unvorstellbar. Erstaunlich ist zudem, wie wenig Widerstand oder Protest gegen die Absage aufgekommen ist. Obwohl die Einnahmen wegbrechen, ist die Mehrheit für den Verzicht. Und als der Vize-Gouverneur Claudio Castro vor einigen Wochen einen Ersatz-Karneval im Juli ankündigte, erteilten ihm die Organisatoren des Karnevals von Rio eine Absage. Angesichts der immer noch hohen Infektionszahlen und des schleppenden Impfverlaufs sei eine sichere Durchführung des Karnevals auch im Juli nicht zu gewährleisten.

Kein Ersatztermin für Karneval im Juli

So scheint es, dass in Rio die Jecken vernünftiger sind als die Politik. „Der Karneval ist anarchisch, aber er war überhaupt niemals unverantwortlich“, wendet Rita Fernandes, die Präsidentin der „Sebastiana", der Vereinigung der Straßenkarnevalsgruppen der Südzone von Rio, ein. So habe man sich gemeinsam mit anderen Organisationen des Straßenkarnevals gegen die Pläne für den Juli-Karneval ausgesprochen. „Denn bei diesem Fest können wir keine Corona-Protokolle anwenden“, so Fernandes. „Im Karneval kommt man zusammen, fasst sich an, man küsst sich, man teilt sich ein Glas Bier oder ein anders Getränk.“ 

Rio hat bereits rund 18.000 Todesfälle in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion registriert, mehr als die doppelt so große Metropole São Paulo. Alle Verwaltungsbezirke der Stadt werden derzeit als „Hochrisiko-Gebiete“ für Covid-19-Infektionen eingestuft. Trotzdem halten sich viele Menschen nicht an die Maskenpflicht im öffentlichen Raum oder an das Verbot, sich in großen Gruppen zu versammeln. Rios Traumstrände sind angesichts der hochsommerlichen Temperaturen überlaufen. Nur in seltenen Fällen greift die Polizei oder das Ordnungsamt ein. Ob sich die „Cariocas“, also die Bewohner von Rio, an das Karnevals-Verbot halten werden, bleibt abzuwarten. 

Autor: Thomas Milz

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