Befreiungstheologe Cardenal: Präsident Ortega ist "Diktator"
Der Befreiungstheologe und Dichter Ernesto Cardenal wirft dem nicaraguanischen Präsidenten und Sandinisten, Daniel Ortega, Raffgier und Despotismus vor. "Er ist ein Diktator", sagte der ehemalige Weggefährte Ortegas im Interview mit der Deutschen Welle am Donnerstag. "Es ist die Alleinherrschaft einer Familie. Er, seine Frau und seine Kinder - das sind die Einzigen, die in Nicaragua etwas zu sagen haben. Es gibt nicht einen Minister, der es noch wagt, irgendetwas zu sagen", so Cardenal. Ortega und seine Familie "bereichern sich auf skandalöse Weise".
Nach dem Sieg der sozialistischen Sandinisten im Bürgerkrieg gegen Diktator Somoza am 19. Juli 1979 hatte Ortega den Theologen Cardenal zum Kulturminister gemacht. Cardenal begründete seine Vorwürfe gegen den seit 2007 wieder amtierenden Ortega mit dessen Persönlichkeit. Korruption sei "eine Charakterfrage".
Cardenal, der 1985 von Papst Johannes Paul II. wegen seines politischen Engagements vom Priesteramt suspendiert worden war, sieht die sandinistische Revolution gleichwohl noch immer als "die schönste Revolution, die es jemals gegeben hat - begleitet von der Zuneigung und Solidarität der ganzen Welt, während der mehr als zehn Jahre, die sie gedauert hat".
Gescheitert sei sie, so der 89-jährige Cardenal, "an der Einmischung der Vereinigten Staaten. Ihretwegen haben die Menschen gegen die Revolution gestimmt. Und als die Sandinisten die Wahlen verloren hatten, verloren sie auch den Mut. Und einige der wichtigsten Anführer der Revolution begannen, sich auf skandalöse Weise zu bereichern, bevor sie die Macht an die neue Regierung abgaben. Das hat die Revolution zerstört. Und seitdem haben wir uns immer weiter vom Besten, was diese Revolution hatte, entfernt."
Quelle: KNA