Blickpunkt-Lateinamerika 2/2020

Die kolumbianische Journalistin Jineth Bedoya Lima wird mit dem diesjährigen Guillermo-Cano-Preis für Pressefreiheit der UNESCO ausgezeichnet. Das teilte die UN-Organisation Ende April in Bonn mit. Bedoya erhält die mit 25.000 Dollar dotierte Auszeichnung für ihre Recherchen und Texte über den bewaffneten Konflikt und den Friedensprozess in Kolumbien sowie über sexuelle Gewalt gegen Frauen. Die Journalistin wurde selbst zum Opfer sexueller Gewalt, als sie vor 20 Jahren vor dem Eingang eines Gefängnisses entführt wurde, in welchem sie zu einem Interview mit einem Anführer der paramilitä- rischen Gruppe AUC verabredet war. Die Täter hielten sie über 16 Stunden lang fest und misshandelten sie körperlich, psychisch und sexuell. Später wurden ihre Peiniger als Mitglieder der AUC identifiziert. Obwohl Bedoya vor Gericht zog, blieben die Taten ungestraft. Aus dieser Erfahrung heraus rief sie die Kampagne „No es hora de callar“ („Es ist nicht die Zeit zu schwei- gen“) ins Leben, die von sexueller Gewalt und Miss- brauch betroffene Frauen ermutigen soll, Anzeige zu erstatten. „Es ist ein großer Tag für alle Journalistinnen in Latein- amerika,“ zitiert das kolumbianische Nachrichtenmaga- zin El Espectador die Journalistin. Diese Auszeichnung sei allen Menschen gewidmet, die dazu beitrügen, die Welt zu verändern, indem sie Gewalt gegen Frauen aufdeckten. Der Guillermo-Cano-Preis für weltweite Pressefreiheit wird seit 1997 jährlich von der UNESCO vergeben. Er ist nach dem kolumbianischen Journalisten Guillermo Cano Isaza benannt, der 1986 vor dem Redaktionsgebäude sei- ner Zeitung in Bogotá ermordet wurde. (jl) KOLUMBIEN Preis für kolumbianische Journalistin Die Wirtschaft in Lateinamerika wird in diesem Jahr um 5,3 Prozent einbrechen und 29 Millionen Men- schen werden in die Armut abgleiten. Das sagt die UN- Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) voraus. Ende dieses Jahres werden 215 der 629 Millionen Lateinamerikaner in Armut leben, mehr als 83 Millionen von ihnen in extremer Armut. Die einbrechenden Rohstoffpreise, die Abhängigkeit von China und den USA, die niedrige Steuerquote so- wie der Rückgang der Auslandsüberweisungen der Mi- granten und die hohe Verschuldung seien die Gründe für diese düstere Aussicht. Die Länder Lateinamerikas wenden mit durchschnittlich 2,6 Prozent ihres Brutto- inlandsprodukts mehr für den Schuldendienst auf, als sie für den Gesundheitssektor (2,3 Prozent) ausgeben. Die Arbeitslosigkeit werde von 8,1 Prozent auf 11,5 Prozent steigen, prognostiziert die CEPAL. Darin ist der informelle Sektor nicht eingerechnet, wie etwa Schuhputzer, Obstverkäufer, Hausan- gestellte und Straßenhändler, die in keinem Sozialsystem erfasst werden. In Mexiko zum Beispiel ist der informelle Sektor mit gut 60 Prozent deutlich größer als der formale Sektor. CEPAL-Generalsekretärin Alicia Bárcena lobt, dass viele Staaten wirtschaftliche Hilfspakete geschnürt hätten, um die schlimms- ten Auswirkungen zu mildern. Dennoch ist die CEPAL-Chefin skeptisch: „Das alles wird nicht ausreichen, die Länder werden mehr ökonomische Hilfen brauchen.“ Sie forderte die interna- tionalen Finanzinstitutionen wie Weltbank und Internationalen Währungsfonds (IWF) daher dazu auf, den lateinamerikanischen Regierungen günstige Kredite zugänglich zu machen und auch die Streichung von Schulden zu erwägen. (ke) Die kolumbiani- sche Journalistin Jineth Bedoya im März 2018 zu Besuch bei der Heinrich-Böll- Stiftung in Berlin. Foto: Heinrich- Böll-Stiftung, stephan-roehl.de, CC BY-SA 4.0 LATEINAMERIKA Corona verschärft die Armut 5

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