Zweifel an offiziellen Statistiken zu Corona-Toten in Brasilien
Coronavirus-Modell. Foto (Symbolbild): Flickr, CCO1.0
Experten sehen immer mehr Anzeichen für eine hohe Dunkelziffer bei den Corona-Toten in Brasilien. Analysen der Todesstatistiken in fünf Corona-Hotspots des Landes legen nach Medienberichten nahe, dass die tatsächlichen Corona-Opferzahlen um 173 Prozent höher liegen als offiziell gemeldet.
Im Auftrag des Nachrichtenportals "G1" wurden die Todesfall-Statistiken in Sao Paulo, Rio de Janeiro, Fortaleza, Manaus und Recife bis zum 25. April untersucht. Dabei stellten die Experten einen Anstieg sämtlicher Todesfälle von 30 Prozent gegenüber dem langjährigen Durchschnitt fest. Schreibt man diesen Anstieg dem Coronavirus zu, könnte es dort fast dreimal so viele Corona-Opfer gegeben haben wie bisher angenommen.
Krankenhäuser in Manaus überlastet
Aufgrund überfüllter Krankenhäuser seien viele Infizierte daheim gestorben und nicht getestet worden, berichten Medien. Besonders hoch dürfte die Dunkelziffer in der Amazonas-Metropole Manaus sein, wo das Gesundheitssystem angesichts der hohen Zahl Infizierter zusammengebrochen ist. So könnte die Zahl der Corona-Opfer hier bis zu siebenmal höher sein als offiziell gemeldet. Für den Bundesstaat Rio de Janeiro schätzen Experten eine doppelt so hohe Opferzahl wie angegeben.
Am Montagnachmittag, 4. Mai 2020 (Ortszeit), meldete das Gesundheitsministerium für ganz Brasilien 7.321 Corona-Tote. Mit 296 Toten innerhalb der letzten 24 Stunden lag die Opferzahl unter der der vergangenen Tage.
Experten kritisieren Untätigkeit des Gesundheitsministeriums
Experten hatten zuletzt die Arbeit des Gesundheitsministeriums kritisiert. Präsident Jair Messias Bolsonaro hatte vor rund drei Wochen den populären Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta durch den Onkologen Nelson Teich ersetzt. Gouverneure und Bürgermeister kritisieren, dass Teich weder Informationen über Maßnahmen der Regierung noch Richtlinien zur Bekämpfung der Pandemie ausgebe. Auch warte man auf vom Ministerium zugesagte Ausrüstung.
Derweil nimmt die Justiz immer mehr das Heft des Handelns in die Hand. So hat ein lokales Gericht im nordöstlichen Gliedstaat Maranhao für vier Städte den "Lockdown" angeordnet. Eigentlich liegt diese Kompetenz bei den Gouverneuren und Bürgermeistern. Zudem haben Gerichte in mehreren Städten Privatkliniken gezwungen, ihre Intensivstationen für Covid-Patienten des öffentlichen Gesundheitssystems zu öffnen.
