Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
El Salvador |

Vor 25 Jahren endete der Bürgerkrieg, aber nicht die Gewalt

Wandgemälde an der Mauer der Opfer des Bürgerkriegs in San Salvador. Foto: Adveniat/Achim Pohl
Wandgemälde an der Mauer der Opfer des Bürgerkriegs in San Salvador. Foto: Adveniat/Achim Pohl

Er ging als einer der grausamsten Konflikte in die Geschichte Lateinamerikas ein: Im Bürgerkrieg zwischen staatlichen Sicherheitskräften, rechtsgerichteten Todesschwadronen und linken Guerillagruppen in El Salvador wurden rund 75.000 Menschen getötet. Viele gelten immer noch als vermisst. Mehr als zehn blutige Jahre vergingen, bis alle Beteiligten einsahen, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen konnten.

Auf Vermittlung der Vereinten Nationen und der katholischen Kirche einigten sich die Konfliktparteien schließlich auf ein Friedensabkommen und verkündeten am 15. Dezember 1992 offiziell das Ende der Kämpfe. Doch die Gräben, die in der Gesellschaft des mittelamerikanischen Landes zurückblieben, sind bis heute - 25 Jahre später - längst nicht überwunden.

Begonnen hatte der Bürgerkrieg ausgerechnet mit dem Mord an einem Mann des Friedens. Der populäre Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero, bemühte sich um eine Verständigung zwischen dem brutalen Militärregime und der immer stärker werdenden oppositionellen Guerilla. Durch seinen Einsatz für die Armen und mit der Forderung nach einer gerechteren Reichtumsverteilung zog Romero den Hass reaktionärer Kreise auf sich. Am 24. März 1980 wurde er am Altar erschossen.

"Schmutziger Krieg" gegen Oppositionelle

Der Widerstand gegen das Regime nahm daraufhin zu. Im Oktober 1980 formierte sich die nationale Befreiungsbewegung FMLN, ein Zusammenschluss linksgerichteter Gruppierungen. Im Januar 1981 startete sie eine Großoffensive. Die Machthaber reagierten mit noch mehr Repression. In einem "schmutzigen Krieg" töteten Todesschwadronen gezielt Oppositionelle. Unterstützung erhielt die salvadorianische Regierung von den USA, die im Kalten Krieg viele Millionen Dollar in "antikommunistische Aufstandsbekämpfung" investierten.

Zu den Opfern zählten vor allem Zivilisten, darunter auch etliche Geistliche, die unter dem Slogan "Sei ein Patriot - Töte einen Priester" zur Zielscheibe wurden. Bis heute nicht aufgearbeitet ist etwa das Massaker an den Jesuiten der Zentralamerikanischen Universität UCA, damals ein Zentrum der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. Am 16. November 1989 drang ein Kommando der Streitkräfte in die Hochschule ein und ermordete sechs jesuitische Theologen, eine Haushälterin und deren 15-jährige Tochter. Fünf der Jesuiten waren Spanier. Sie hatten sich für ein Ende des Bürgerkriegs eingesetzt. Ihr Wortführer, der einflussreiche Philosophieprofessor Ignacio Ellacuria, sympathisierte dabei politisch eher mit den Positionen der linken Rebellen.

Friedensvertrag, aber noch lange kein Frieden

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde der Stellvertreterkrieg in Mittelamerika sinnlos. Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts schwand das Interesse der USA am salvadorianischen Regime. Zugleich nahm das Scheitern des Ostblock-Sozialismus einer kommunistischen Revolution der Guerilleros den Wind aus den Segeln. Diese politische Großwetterlage begünstigte Verhandlungen; am Ende stand der Friedensvertrag von 1992.

Die Hoffnung auf eine Friedensdividende, also eine deutliche Verbesserung der Lebenssituation, hat sich für die meisten Salvadorianer indes nicht erfüllt. 25 Jahre danach gibt es nach wie vor viel Armut, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit. El Salvador zählt zu den gefährlichsten Ländern der Welt. Tag für Tag werden Menschen Opfer krimineller Jugendbanden. Nach offiziellen Angaben gab es 2016 insgesamt 5.278 Tötungsdelikte. "Meine Heimat ist ein Land, das zwar Frieden hat, aber nicht in Frieden lebt", sagt Kardinal Gregorio Rosa Chavez (75), seit 1982 Weihbischof in San Salvador.

Nationaler Dialog für neuen Friedensvertrag ist gescheitert

Leidlich funktioniert hat nach Kriegsende allenfalls die Einführung demokratischer Basisstrukturen: Die FMLN wurde als politische Partei anerkannt; seit 2009 regiert sie das Land. Zu Jahresbeginn kündigte Präsident Salvador Sanchez Ceren staatstragend einen "nationalen Dialog" an. Ziel sei, mit Hilfe der Vereinten Nationen ein Vierteljahrhundert nach Ende des Bürgerkriegs einen neuen Friedensvertrag für die Gesellschaft El Salvadors auszuhandeln. Man wolle ein Land aufbauen, "von dem wir alle träumen". Erfolgreich war das Vorhaben bislang nicht. UN-Sondervermittler Benito Andion vermochte es nicht, einen gesellschaftlichen Dialog anzustoßen - und warf inzwischen das Handtuch.

Ebenso unvollendet ist die Aufarbeitung der Kriegsgräuel. Zwar dokumentierte eine sogenannte Wahrheitskommission viele Verbrechen. Doch nur wenige Wochen nach Vorlage ihres Berichtes wurde 1993 ein Amnestiegesetz erlassen, das eine Verfolgung der Täter weitgehend verhinderte. Erst Mitte 2016 erklärte das Verfassungsgericht das Gesetz für verfassungswidrig. Ob nun endlich alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, bleibt freilich ungewiss.

Quelle: KNA, Autor: Alexander Pitz

Sonderheft "Oscar Romero"

Blickpunkt Lateinamerika widmet Oscar Romero ein Sonderheft. Kostenlose Bestellung unter blickpunkt@adveniat.de.

Weitere Nachrichten zu: Politik

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz