Venezuela erlaubt Bergbau im Amazonasgebiet
Die Regierung von Präsident Nicolás Maduro hat Anfang April ein Bergbau-Verbot für sechs Flüsse im Amazonasgebiet aufgehoben. Kritiker warnen vor katastrophalen Folgen der Suche nach Gold und Diamanten.
Umweltschützer und Menschenrechtsgruppen weisen nicht nur auf die üblichen Begleiterscheinungen des Bergbaus hin, wie die Verseuchung von Wasser und Böden mit Quecksilber sowie blutige Konflikte zwischen Banden, die um die Kontrolle in den Schürfgebieten kämpfen. Aktuell drohe der Bergbau im Amazonasgebiet auch die Ausbreitung des Coronavirus zu fördern.
Bergbau Brutstätte von Infektionskrankheiten
Bis zur Aufhebung Anfang April durch Venezuelas Regierung hatte ein Verbot von Bergbauaktivitäten für die Flüsse Cuchivero, Caura, Aro, Caroní, Yuruarí und Cuyuní gegolten. Die Opposition in der Nationalversammlung, die dort die Mehrheit hat, verurteilte die Aufhebung des Dekrets. Zwar gab es bislang schon illegalen Bergbau in dem Gebiet, doch befürchten Umweltschützer, dass Bergbau hier künftig in großem Stil Einzug hält. Dieser gilt ohnehin als Brutstätte von Infektionskrankheiten wie Malaria. "Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Bergbau und der Ausbreitung von Epidemien wie Malaria, Masern und anderen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Umweltaktivisten Luis Bello. Das gelte auch für die Ausbreitung des Coronavirus. Ausgerechnet die Corona-Krise sorgt jetzt für die Ablenkung der internationalen Öffentlichkeit von dem folgenschweren Schritt der Bergbaugenehmigung in dieser Region.
Die sechs Flüsse, für die das Schürfverbot aufgehoben wurde, durchqueren den sogenannten Arco Minero del Orinoco, eine Entwicklungszone für den Bergbau, die Venezuelas Regierung 2016 ins Leben gerufen hat. Dieses Gebiet umfasst mehr als 111.000 Quadratkilometer im Amazonasgebiet von Venezuela - das ist etwa ein Achtel der Landesfläche. Nun werde noch mehr Wasser, Boden und Luft verseucht, befürchtet die venezolanische Oppositionspolitikerin María Gabriela Hernández, Vorsitzende des Umweltausschusses des Parlaments. Das für den Bergbau verwendete Quecksilber schädige die Gesundheit der Arbeiter und Anwohner, sagte die Abgeordnete, wie das Onlineportal Servindi berichtet. Zwar hat Venezuelas Regierung das bestehende Quecksilber-Verbot jetzt noch einmal bekräftigt, Umweltaktivisten glauben aber nicht, dass sich jemand daran hält, da Verstöße nicht geahndet werden.
Preissturz des für Venezuela lebenswichtigen Öls
Nahe des Verlaufs der sechs Flüsse leben neun indigene Völker mit insgesamt 48.000 Angehörigen: Eñepá, Jodi, Yekuana, Sanema, Kariña, Arawak, Pemón, Jivi und Akawayo. Bislang wurden keine Coronainfektionen Indigener bekannt. Auf sie werde der Druck nun aber zunehmen, so Alejandro Álvarez, Koordinator der Nichtregierungsgruppe Coalición Clima 21. Aufgrund des Preissturzes des für Venezuela eminent wichtigen Öls richteten sich die Begehrlichkeiten verstärkt auf Gold, Diamanten und Koltan. Im Arco Minero del Orinoco beuten venezolanische und ausländische Unternehmen all dies bereits legal aus. Abholzung und Umweltverschmutzung sind die Folge. Zudem treiben bewaffnete Gruppen ihr Unwesen. Kinderarbeit, sogar ohne Schutzausrüstung, ist keine Seltenheit. (bs)