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Argentinien |

Umstrittenes neues Mediengesetz in Argentinien verabschiedet

Regierung will Monopole zerschlagen – Opposition sieht Meinungsfreiheit gefährdet.

Puebla. Es war eines der wenigen Gesetze, die noch aus den Zeiten der Militärdiktatur (1976-1983) stammten. Nun wurde nach wochenlangem Tauziehen und einer hitzigen, 20stündigen Debatte im argentinischen Senat am Samstag früh das neue Mediengesetz verabschiedet. Damit gelang der linksperonistischen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, was ihren Vorgängern stets verwehrt geblieben war. „Das ist ein historischer Tag nach vielen Jahren Kampf“, feierte Initiator Gabriel Mariotto das Gesetz, das kurz nach seiner Verabschiedung von der Präsidentin unterzeichnet wurde. „Damit können wir endlich die Medien demokratisieren“, jubelte Kabinettschef Anibal Fernandez. „Die Sender waren bisher Geiseln der Wirtschaftskonzerne; vier Gruppen besaßen 80 Prozent der Lizenzen“, fügte er hinzu.

Doch nicht alle teilten die Freude. Die Opposition hatte vergeblich versucht, einige Artikel des neuen Gesetzes abzuändern. „Damit wird unsere einheimische TV-Industrie zerstört“, warnte die oppositionelle Abgeordnete Silvana Giudici. Das Gesetz sei verfassungswidrig und werde dutzende von Prozessen nach sich ziehen, erklärte Senator Ernesto Sanz. Vor dem Hintergrund des willkürlichen Umgangs der Kirchners mit den Medien warnte die Abgeordnete Maria Eugenia Estenssoro vor einer gezielten Strafaktion gegen oppositionelle Medien. „Dieses Gesetz zerschlägt nicht ein Informationsmonopol, sondern legt es in die Hände der jeweiligen Regierung“, kritisierte sie. Selbst der ehemalige Regierungschef Alberto Fernandez sprach von einem „exzessiven Eingriff des Staates“ und einem „drastischen Wandel der Rahmenbedingungen in kürzester Zeit“, wenngleich er dadurch nicht die Meinungsfreiheit bedroht sah. Die Kirchners – Cristina ebenso wie ihr Mann und Amtsvorgänger Nestor - geben nur auserwählten Medien Interviews und Zugang zu Informationen und setzen den staatlichen Medienetat gezielt dazu ein, kritische Berichterstattung zu bestrafen.

Besonders umstritten war der Artikel 161, wonach ein einziges Unternehmen nicht mehr als zehn Sender (TV und Radio) oder einen Marktanteil von mehr als 35 Prozent besitzen darf und im gegenteiligen Fall sich innerhalb eines Jahres von den überzähligen Stationen trennen muss. Dies betrifft allen voran den argentinischen Medienriesen Grupo Clarin, der neben der größten Tageszeitung dutzende von TV-und Radiostationen besitzt und der Kirchner-Regierung gegenüber kritisch eingestellt ist. Es trifft auch den Medienzar und politischen Gegenspieler der Kirchners, Francisco De Narvaez.

Auch ausländische Mediengruppen – wie etwa die spanischen Telefonica und Prisa - dürfen nur noch einen Minderheitsanteil von 30 Prozent behalten. Telefonunternehmen dürfen keine Kabel-TV-Lizenzen erhalten. Die Radiosender müssen fortan 30 Prozent nationale Musik ausstrahlen und zehn Prozent unabhängige Produktionen. Ebenfalls umstritten war die Einrichtung einer Medienaufsichts- und regulierungsbehörde, in der Vertreter von Regierung, Kongress und Provinzregierungen vertreten sein werden, und die nach Auffassung der Opposition ein politisch gefärbtes Zensur-Organ sein wird.

Die betroffenen Sender haben gedroht, gegen das Gesetz rechtlich vorzugehen. Ihr Hauptargument ist, dass Nestor Kirchner erst im Jahr 2007 ihre Lizenzen für zehn weitere Jahre verlängert hat und sie sich nun gezwungen sehen, sich innerhalb kürzester Zeit zu „Schleuderpreisen“ von Geschäftsanteilen zu trennen. Kritiker geben zu bedenken, so viele Käufer gebe es gar nicht, wie Sender abgestoßen werden müssen – mit Ausnahme des Staates.

Autor: Sandra Weiss, Foto: Jürgen Escher/Adveniat

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