Streit über den Wahlausgang
Nach den Parlamentswahlen in Venezuela am Sonntag gehen die Ansichten von Regierung und Opposition über die Bewertung der Ergebnisse weit auseinander. Staatspräsident Hugo Chavez sprach in der Hauptstadt Caracas von einem großen Sieg seiner sozialistischen Partei PSUV und einem "entscheidenden Sieg der bolivarianischen Revolution".
Nach amtlichen Angaben errang die Vereinigte Sozialistische Partei des Präsidenten fast 100 der 165 Mandate, die übrigen gingen – bis auf zwei – an das Oppositionsbündnis Demokratische Einheit. Damit hat Chavez eine klare Mehrheit im Parlament, aber nicht die angestrebte Zwei-Drittel-Mehrheit, und auch nicht die drei Fünftel der Mandate, die nötig sind, um den Präsidenten mit Sondervollmachten auszustatten. Zudem sieht das Ergebnis nach Wählerstimmen für Chavez ungünstiger aus, hier liegen die beiden Lager praktisch gleichauf. Die Opposition reklamiert den Sieg ihrerseits für sich, weil ihr Bündnis 52 Prozent der Stimmen erobert habe. Nur ein umstrittener Passus im Wahlgesetz ermöglichte es dem Regierungslager, trotz gleichen Stimmenanteils deutlich mehr Sitze im Parlament zu erhalten.
Die Menschenrechtsorganisation IGFM hat die venezolanische Regierung unterdessen aufgefordert, drei aus politischen Gründen inhaftierte Regimekritiker, die bei den Wahlen am Sonntag ins Parlament gewählt wurden, sofort freizulassen. Nach Angaben der IGFM-Partnerorganisation „Fundepro“ handelt es sich um José („Mazuco“) Sánchez, Biagio Pilieri und Richard Blanco, die allesamt mit deutlicher Mehrheit in ihren Wahlkreisen für das oppositionelle Parteienbündnis „Mesa de Unidad Democrática“ den Einzug in die neue National-Versammlung schafften.
„Hugo Chávez muss jetzt beweisen, dass er die Spielregeln der Demokratie einhält. Dies kann er am besten tun, in dem er die gewählten Abgeordneten ihrer Arbeit machen lässt", sagte Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM. Die internationale Gemeinschaft müsse darauf drängen, dass die drei ins Parlament gewählten politischen Gefangenen im neuen venezolanischen Parlament ihre Arbeit aufnehmen können. (TK)