Stichwahl bestimmt neuen Präsidenten
José Mujica hat am Sonntag die absolute Mehrheit knapp verfehlt.
Santiago. In Uruguay kommt es zu einer Stichwahl. Ersten Hochrechnungen der drei wichtigsten Umfrageinstitute zufolge hat der Kandidat des regierenden Linksbündnisses Frente Amplio, José Mujica, die absolute Mehrheit knapp verfehlt. Der ehemalige Guerillero und Widerstandskämpfer gegen die Diktatur (1973-1985) erhielt demnach rund 47 Prozent der Stimmen. Sein rechtsliberaler Herausforderer von der Nationalen Partei oder "Blancos" , der 68jährige Ex-Präsident Luis Alberto Lacalle, kam auf etwa 28 Prozent. Mujica hatte sich in der Kampagne als gemässigter Linker im Stile des Brasilianers Luiz Inacio Lula da Silva präsentiert, während der Anwalt Lacalle ihn als "gefährlichen Aufwiegler und Maoisten" bezeichnete. In der Stichwahl könnte es spannend werden, da traditionell die Stimmen der rechtspopulistischen Colorado-Partei eher zu den "Blancos" wandern. Der Bewerber der Colorados, Pedro Bordaberry, erhielt in der ersten Runde gut 17 Prozent.Die zweite Runde findet am 29. November statt.
Die Frente Amplio kann damit das gute Ergebnis von 2005 nicht wiederholen, als erstmals die Linke siegte und zwar mit absoluter Mehrheit. Diesmal ist den Hochrechnungen zufolge sogar die Mehrheit im Kongress in Gefahr. Ausserdem scheiterte die Regierung offenbar auch mit den beiden Plebisziten. Über 60 Prozent lehnten demnach ab, künftig auch den im Ausland lebenden Uruguayern das Wahlrecht zu erteilen. Und 53 Prozent waren gegen die Aufhebung des Amnestiegesetzes aus dem Jahr 1986. Damit scheitert dieses Anliegen der Frente Amplio bereits zum zweiten Mal, nachdem schon 1989 die Mehrheit der Uruguayer dagegen war.
Präsident Tabare Vazquez, ein gelernter Arzt der mit einer orthodoxen Wirtschaftspolitik flankiert von Sozialprogrammen das Land aus einer schweren Wirtschaftskrise geführt hatte und sich grosser Beliebtheit erfreut, konnte aufgrund der geltenden Verfassung nicht noch einmal antreten und seinen Amtsbonus offenbar nicht komplett übertragen. Vazquez Favorit für die Nachfolge war Wirtschaftsminister Danilo Astori gewesen. Der konnte sich in den parteiinternen Vorwahlen jedoch nicht durchsetzen und musste sich dem populären Blumenzüchter Mujica geschlagen geben, der für seine legere Kleidung, seinen bescheidenen Lebenswandel und seine flotten Sprüche bekannt ist. Der 74jährige hat während der Diktatur über zehn Jahre ohne Prozess im Gefängnis geschmachtet, darunter einige Zeit in völliger Isolation in Erdlöchern. Nach dem Ende der Diktatur blieb Mujica in der Politik, war Abgeordneter, Senator und Minister unter Vazquez.
Der Grabenkampf zwischen dem rechten und linken Flügel der Frente Amplio in den Vorwahlen hatte das heterogene Parteienbündnis an den Rand der Spaltung gebracht; die Entscheidung, Astori zum Vizepräsidenten zu machen hatte die Wogen dann aber wieder geglättet. Astori gilt vielen der drei Millionen Uruguayer als Garant für die Fortsetzung des eingeschlagenen Wirtschaftskurses, der dem Land in den vergangenen Jahren ein durchschnittliches Wachstum von fünf Prozent und eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit von rund sieben Prozent beschert hat.
Autor: Sandra Weiss