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Soja: Segen oder Fluch fürs Klima?

In Südamerika werden Wälder gerodet, um auf riesigen Flächen Sojabohnen anzubauen. Ein Großteil davon landet jedoch nicht auf unseren Tellern, sondern wandert als Tierfutter in die EU und nach China.

Lateinamerika Soja Landwirtschaft Klimawandel

Sojabohnen dienen vor allem als Futtermittel in der Tiermast. Foto: Adveniat/Achim Pohl

Der Anbau von Soja boomt. Zuletzt lag die weltweite Ernte bei 360 Millionen Tonnen, 70 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das belegen Zahlen der US-amerikanischen Behörde für Landwirtschaft (USDA). Demnach sind die weltgrößten Erzeuger von Sojabohnen derzeit die USA (34 Prozent), dicht gefolgt von Brasilien (32 Prozent) und Argentinien (15 Prozent). Soja wird vor allem laut Greenpeace-Report für die Tiermast angebaut. In der EU landen 87 Prozent im Futtertrog der Tierfabriken, sechs Prozent wird zu Biodiesel und sieben Prozent kommen als Nahrungsmittel auf dem Teller.

Die global steigende Nachfrage nach Fleisch treibt den Bedarf an der proteinreichen Bohne voran. Sehr günstig ist die Produktion von Soja im großen Maßstab auf den gerodeten Urwaldflächen in Südamerika – zum einen sind dort die klimatischen Bedingungen gut für den Anbau und Großgrundbesitzer bewirtschaften riesige Flächen. Über 95 Prozent der Ernte besteht dort aus gentechnisch veränderten Sorten, die resistent gegenüber Pestiziden sind. Diese Pflanzen eignen sich besonders gut für die industrielle Produktion mit wenig Arbeitskraft. Die größten Abnehmer, um Soja als Tierfutter zu verfüttern, sind vor allem China und die EU. China importierte nach USDA-Angaben 2018/2019 rund 84 Millionen Tonnen; die EU rund 35 Millionen Tonnen.

Fleischkonsum befeuert Regenwaldrodungen

Da der Bedarf an Sojabohnen als Tierfutter steigt, werden Urwälder gerodet, um noch mehr Anbau- und Weideflächen zu schaffen. In Brasilien hat sich die Anbaufläche von Soja in den letzten 20 Jahren auf rund 340.000 Quadratkilometer vervierfacht, so die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Diese Ackerfläche entspricht etwa der Größe Deutschlands. Allein im brasilianischen Teil Amazoniens wurden in den vergangenen 30 Jahren rund 437.000 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt, hat das brasilianische Institut für Weltraumforschung auf Satellitenbildern dokumentiert. Auf einem Teil der Fläche grasen jetzt Rinderherden, anderswo wird Soja angebaut. Weltweit werden laut Umweltbundesamt derzeit rund 10 Millionen Quadratkilometer fruchtbares Ackerland allein für die Produktion von Tierfutter genutzt. Das ist fast vier Mal mehr Fläche als für die direkte Lebensmittelproduktion.

Weltklimarat: Weniger Anbauflächen, mehr Wald

Diese Rodungen und Trockenlegungen von Mooren für die Fleischproduktion sind Teil der Emissionen, die von der Landwirtschaft produziert werden. Laut IPCC sind alle diese Emissionen für rund 23 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Werden noch andere Emissionen bei der Lebensmittelproduktion wie beispielsweise der Transport hinzugezählt, steigt dieser Wert laut IPCC-Schätzungen auf rund 29 Prozent. Der Weltklimarat zeigt im aktuellen Sonderbericht zur Landnutzung und Ernährungssicherheit auf, wie sich die globale Land- und Forstwirtschaft ändern müsste, damit die Ernährungs- und Lebensgrundlage für die Menschheit erhalten bleibt und die Pariser Klimaziele erreicht werden können.

Demnach sollte die weltweit genutzte Fläche für Weide- und Ackerland bis zum Ende dieses Jahrhunderts deutlich sinken – die Fläche müsste von derzeit rund 50 Millionen Quadratkilometer um 20 Prozent reduziert werden, so die IPCC-Empfehlung. Um das Treibhausgas CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen, sieht der Weltklimarat die Bindung von CO2 in Biomasse durch Wiederaufforstung als einen wichtigen Weg. Auf einer Fläche von bis zu 7,5 Millionen Quadratkilometer sollten in den nächsten 50 Jahren neue Wälder entstehen. Zum Vergleich: Die Fläche der EU beträgt 4,5 Quadratkilometer.

Der globale Fleischkonsum müsste sich halbieren

Neben einer nachhaltigen Landwirtschaft und Aufforstungen empfiehlt der Weltklimarat auch, weniger Lebensmittel zu verschwenden und weniger Fleisch zu essen. "Bereits heute ist das Ernährungssystem ein wichtiger Treiber für den Klimawandel, für die Übernutzung von Wasserressourcen und für Umweltverschmutzung. Ohne gezielte Maßnahmen könnten diese Auswirkungen bis 2050 um 60 bis 90 Prozent zunehmen", beschreibt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die Situation.

"Um die Nahrungsmittelproduktion innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen und damit innerhalb eines sicheren Handlungsraums für die Menschheit zu halten, können wir drei Dinge tun: mehr gesundes Gemüse und weniger Fleisch essen, systematisch Lebensmittelverschwendung vermindern, und landwirtschaftliche Technologien und Management wie zum Beispiel bei Bodenbearbeitung oder Düngerrecycling verbessern", sagt Rockström, der zugleich Ko-Vorsitzender der EAT-Lancet-Kommission ist. Mit einem großen Team von internationalen Wissenschaftlern veröffentlichte er den Report "Gesund leben auf einem gesunden Planeten."

Würde diese Empfehlung weltweit so umgesetzt, dann läge der durchschnittliche Konsum von Fleisch pro Person bei etwa 300 Gramm pro Woche (16 kg/Jahr); der Konsum von Milchprodukten bei 630 Gramm pro Woche (33 kg/Jahr). In Nord- und Südamerika, Europa und China wird derzeit vier bis sieben Mal mehr Fleisch konsumiert. Bei Milchprodukten ist der Konsum vor allem in Europa und USA fast acht Mal höher als empfohlen. "Interessanterweise kann bereits der bloße Wechsel zu einer stärker pflanzlichen 'flexitarischen' Ernährung die Treibhausgasemissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion ungefähr halbieren. Alle Maßnahmen zusammen können dazu beitragen, alle gesund zu halten: den Planeten, und die Menschen", so Rockström.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Gero Rueter

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