San-Blas-Inseln von steigendem Meeresspiegel bedroht
Der Archipel vor der Karibikküste Panamas spürt die Folgen des Klimawandels. Viele Bewohner tragen sich mit dem Gedanken, aufs Festland zu ziehen.
Von den 365 Inseln sind nur 38 bewohnt. Rund 50.000 Menschen leben in dem Touristenparadies, die Hälfte davon zählen zum indigenen Volk der Kuna. Wie nur an wenigen anderen Orten Lateinamerikas macht sich hier der Anstieg des Meeresspiegels infolge der Erderwärmung und des Schmelzens der Gletscher besonders bemerkbar. Um sich gegen das Vordringen der Wellen in Richtung ihrer Hütten zu schützen, haben die Kuna Barrieren aus Korallen angelegt.
Früher war der November in Panama der regenreichste, doch seit einiger Zeit scheint der alte Wetterkalender nicht mehr zu gelten. Und der Meeresspiegel steigt und steigt. In der kolumbianischen Zeitung „El Espectador“ erzählt ein spiritueller Anführer der Kuna, dass man kein Wissenschaftler sein müsse, um zu merken, was sich geändert habe. An manchen Tagen komme das Meer von beiden Seiten auf die Insel, irgendwann verbinde sich dann das Wasser, so die Lehrerin María Armas. Trinkwasser gibt es in ihrem Dorf nicht, Strom nur wenige Stunden am Abend.
Korrallen werden abgerissen und als Schutzwall verwendet
In den letzten 50 Jahren ist der Meeresspiegel in diesem Teil der Karibik um 30 Zentimeter angestiegen – das sind elf Zentimeter mehr als der weltweite Wert. Für den spirituellen Anführer steht fest: „Die Natur ist verärgert und schickt uns Botschaften.“ 2008 zerstörten Überschwemmungen seine Insel. Panamas Umweltminister Emilio Sempris vermutet, dass viele der inseln in einigen Jahrzehnten im Meer verschwinden werden.
Auch viele Inselbewohner geben sich keiner Illusion hin und rechnen fest damit, dass sie ihre Heimat früher oder später verlassen und aufs Festland umziehen müssen. Umweltschützer erklären den Menschen, dass sie keine Korallen abreißen dürfen, um Barrieren gegen die Fluten zu errichten. Denn genau diese Riffe sind es, die als natürliche Barrieren wirken. Eigentlich fühlen sich die Einheimischen dem Meer verbunden, aber es kann sich schnell in einen gefräßigen Feind verwandeln, der nicht unter Kontrolle zu halten ist. Der Anstieg des Meeresspiegels ist ein schleichender Prozess, keine Naturkatastrophe, bei der die Regierung sofort Hilfe leisten würde. Inselbewohner stellen daher resigniert fest, dass sie für Panamas Behörden keine Priorität hätten.
Die Kuna, eines der sieben in Panama existierenden indigenen Völker, lebten übrigens ursprünglich in den Bergen auf dem Festland. Vor etwa 150 Jahren flohen sie von dort vor Malaria und Gelbfieber. Werden die Nachfahren ihrer Heimat ebenfalls erzwungenermaßen den Rücken kehren müssen – in umgekehrter Richtung?