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"Roma": Stolz und Rassismus in Mexiko

Die Geschichte einer Hausangestellten im Film "Roma" hat einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film eingeheimst. In Mexiko allerdings sieht sich die Hauptdarstellerin heftigen rassistischen Anfeindungen ausgesetzt.

Mexiko, Roma, Indigene

Indigene Frauen in traditionellen Gewändern bei der Vorbereitung eines Mittagessens im mexikanischen Bundesstaat Michoacan. (Foto: Adveniat/
Tobias Käufer)

Es wäre eine Sensation gewesen, doch vielleicht ist Hollywood noch nicht so weit. Denn auch der Oscar für die beste Hauptdarstellerin ging am Ende nicht an die erste indigene Frau, die jemals für den wichtigsten Filmpreis nominiert wurde. Yalitza Aparicio, Mixtekin aus dem mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, die in ihrer Rolle sogar Mixtec, also eine der 68 indigenen Sprachen des Landes spricht, wird es hoffentlich verschmerzen können. Denn der Name der 25-Jährigen ist spätestens seit der Oscar-Verleihung in aller Munde.

In dem Film "Roma" spielt Aparicio die Hausangestellte Cleo, die bei einer gutbürgerlichen Familie in Mexico-Stadt arbeitet. Die Rolle ist inspiriert von Liboria Rodríguez, dem Kindermädchen, das einst Regisseur Alfonso Cuarón in seiner Kindheit betreute. Sein Film zeigt schonungslos, wie die indigene Bevölkerung in Mexiko benachteiligt und diskriminiert wird - und löste damit große Kontroversen in Mexiko aus. Auf der einen Seite ist die Gesellschaft stolz darauf, das wahre Mexiko zu zeigen. Viele jedoch finden, die Geschichte von Yalitza und Cleo sei es nicht wert, erzählt zu werden.

Der alltägliche Rassismus in Mexiko

"Pinche india" – kommentierte ein mexikanischer Schauspieler die Oscar-Nominierung für Aparicio als beste Hauptdarstellerin – die schlimmste rassistische Beleidigung, die in Mexiko existiert. Auch andere Kommentare gingen unter die Gürtellinie. "Sie kann nicht schauspielern, sie sollte nicht nominiert werden" oder auch "Sie hat nicht geschauspielert, sie ist so" waren die gängigen Urteile in den sozialen Netzwerken, die sich Aparicio in ihrer Heimat anhören musste.

Dass jemand, der nicht dem gängigen Schönheitsbild entspräche, in den USA so triumphieren könne und es auf die Titelseiten von Modezeitungen schaffe, sei schon bemerkenswert, erklärten einige mexikanische Schauspielerinnen spitz. Und Journalisten forderten Aparicio schließlich öffentlich dazu auf, sich bei den Preisverleihungen dann auch wie eine Indigene zu kleiden.

Mexikanische Elite fühlt sich bedroht

"Dies ist ein Spiegelbild des traditionellen Rassismus in Mexiko, den viele Privilegierte immer noch pflegen. Die abschätzigsten Reaktionen kommen von Menschen, die nicht die geringste Chance haben, jemals in ihrem Leben einen Preis zu gewinnen. Sie sind ein Beispiel für den Neid auf das Talent und den Erfolg anderer", sagt Federico Navarrete, Historiker an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM), in einem Interview mit der DW.

"Die mexikanische Elite glaubt, dass die Macht allein ihnen gehört. Menschen mit weißer Hautfarbe, die privilegiert sind und die wichtigen Posten in der Gesellschaft einnehmen, fühlen sich jetzt bedroht ," fügt der Autor des Buches "Rassistisches Mexiko: Eine Kündigung" hinzu.

Aparicio, das wahre Gesicht Mexikos

In der mexikanischen Gesellschaft gehören despektierliche Sätze wegen der Hautfarbe zur Tagesordnung. Dies ist umso überraschender, da mehr als 80 Prozent der Bevölkerung einen dunklen Teint haben, wie Studien des National Institute of Statistics and Geography (INEGI) zeigen. Aparicio ist also das wahre Gesicht Mexikos, trotz der Kritik, die sie einstecken muss.

Für die mexikanische Gesellschaft ist der Erfolg von Yalitza Aparicio jedenfalls von enormer Bedeutung. Die indigene Bevölkerung ist in Mexiko immer noch sehr marginalisiert, insbesondere was den Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit angeht. Je dunkler die Hautfarbe, desto geringer die Chance auf eine gute Schule, auf ein Studium oder auch auf einen guten Job.

Der mexikanische Traum, weiß zu sein

"Roma" legt den Finger in die Wunde und zeigt die in Mexiko immer noch weit verbreitete Verehrung der weißen Haut. Der Film lädt nicht nur zur Nostalgie ein, sondern reflektiert auch schonungslos den geringen Wandel, der sich in den sozialen Strukturen Mexikos in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen hat. Sehr deutlich wird dies am Beispiel von Marina de Tavira, die eine Nebenrolle spielt. De Tavira wurde zu keinem Zeitpunkt öffentlich kritisiert, angegangen oder beleidigt. Die Schauspielerin hat helle Haare und weiße Haut. "In Mexiko bedeutet sozialer Aufstieg, dass man buchstäblich weiß wird. Es gibt sogar Hautaufhellungscremes auf dem Land. Weiß zu sein ist ein Anspruch und wird mit Elite, Raffinesse und Weltgewandtheit assoziiert", erklärt Federico Navarrete.

"Roma" hat nicht nur den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen, sondern - was noch viel wichtiger ist - die Debatte über die soziale Ungleichheit in Mexiko wieder neu angestoßen. Und Yalitza Aparicio ist auch ohne Oscar Inspiration für alle indigenen und dunkelhäutigen Frauen in Mexiko.

Autorin: Mónica Vázquez Ruiz (op), Deutsche Welle

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