Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Brasilien |

Richter missachtet Recht

Seit März 2008 gibt es in Casa Nova, Bahia einen scheinbar endlosen Konflikt um die Gemeinschaftsweidefläche (fundo de pasto) im Gebiet von Areia Grande: 336 Familien, etwa 1.800 Menschen leben hier in der ständigen Angst, dass die Landmafia in das Dorfgebiet eindringen könnte. Diese versucht, sich das Land durch illegalen Handel der Weideflächen anzueignen, um ölpflanzen zur Produktion von Biodiesel anzubauen. Der Kleinbauer José Campos Braga, eine Symbolfigur des Widerstandes, wurde im vergangenen Jahr ermordet und viele Häuser wurden zerstört. Nun gab es einen weiteren Überfall, der verschiedene brasilianische Organisationen dazu veranlasste, ein Protestschreiben zu publizieren:


"Ich scheiße und verzichte auf die Internationale Konvention"
Dr. Eduardo Padilha, Richter in Casa Nova, Bahia


Am Freitag, dem 5.3.2010 drangen einige Personen, die in zwei Kraftfahrzeugen ankamen, in die Fläche der Gemeinschaftsweide Areia Grande gewaltsam ein. Das Eingangstor wurde aufgebrochen und zum Teil zerstört, außerdem das Haus des im Januar 2009 ermordeten Kleinbauern José Campos Braga, genannt Zé de Antero. Dieser wurde aufgrund eines herrschenden Landkonfliktes zwischen den Familien der Gemeinde und den Großgrundbesitzern umgebracht.

Der Überfall löste bei den Familien der betroffenen Gemeinden von Salina da Brrinca, Jurema, Melancia und Riacho Grande Angst und Unsicherheit aus. Die Familien zeigten diesen Vorfall bei der Polizeidienststelle in Casa Nova an.

Die Vereinigung der Rechtsanwälte der ländlichen ArbeiterInnen (Associação de Advogados/as de Trabalhadores Rurais – AATR), die Landpastoral (CPT) in Juazeiro und die Gewerkschaft der Arbeiter in landwirtschaftlichen Großunternehmen (SINTAGRO) der Landkreise Juazeiro, Curacá, Casa Nova, Sobradinho, Sento Sé und Vertreter der BauernInnenvereinigungen des Fundo de Pasto suchten den Richter, Herrn Dr. Eduardo Padilha, im Amtsgericht in Casa Nova auf, um ihn über die Ereignisse zu informieren und um Vorkehrungen zu bitten, da diese Situation große Spannungen verursachte.

Überraschenderweise wurde den Anwesenden im Gespräch mit dem Richter bewusst, dass es sich um eine Aktion handelt, die von ihm selbst beauftragt und begleitet wurde, zusammen mit dem Staatsanwalt des Amtsgerichtes Dr. Sebastiäo Coelho, mit Beamten der Militärpolizei, dem Gerichtsdiener, Herrn Alberto Rocha, bekannt unter dem Namen Feijao und von Gileno de Andrade Almeida, der vom Richter als persönliche Sicherheitsperson bezeichnet wurde. Es ist jedoch anzumerken, dass Gileno sich selbst als Vertreter und Teilhaber der Großgrundbesitzer bezeichnet.

Als Motiv des gewaltsamen Eindringens gab der Richter eine erneute richterliche Inspektion der Fläche an. Hierbei ist zu bemerken, dass eine richterliche Inspektion der Fläche durch den Richter bereits am 19.02.2010 durchgeführt worden war, dies im Beisein eines Vertreters der Coordenação de Desenvolvimento Agrário (CDA = Zentrale Kommission der Agrarentwicklung des Bundesstaates Bahias) von AATR, CPT, SINTAGRO, sowie der VertreterInnen der BauernInnenvereinigungen des Fundo de Pasto (Gemeinschaftsweideflächen).

Aber es war noch nicht genug damit, gewaltsam auf die Fläche eingedrungen zu sein und den einen vorbereitenden Prozessakt durchgeführt zu haben, ohne darüber den Bundesstaat Bahia zu informieren, denn dieser ist Urheber und der Beauftragende der Vermessung der Landflächen zur Feststellung der Besitzverhältnisse. Der Richter schloss die Vertreter der CPT, SINTAGRO und BauernInnenvereinigungen aus und debattierte mit den beiden Rechtsanwältinnen der AATR weiter, wobei er seinen Standpunkt über die Nutzung der traditionellen Fläche deutlich machte. Laut seiner Stellungnahme war die erste Inspektion eine „Täuschung, ein Betrug, ein Schminken" und "ein gestellter Zirkus". Er behauptete, dass auf der Fläche keine Menschen leben und dass er weniger als 50 Ziegen auf der Fläche gesehen hat, und somit es nicht gerechtfertigt ist, dass die Familien diese Fläche erhalten. Der Richter bezweifelte auch die Arbeit der staatlichen CDA, die Landraub von öffentlichem Land bestätigt und dass de facto die Fläche von den Familien bewohnt wird. Er beschuldigte die CDA im Abkommen mit den BauernInnenvereinigungen diese „Täuschung“ begangen zuhaben.

Im Gegensatz dazu argumentierten die Rechtsanwältinnen der AATR, dass die Bevölkerung der Fläche unter dem Systems des Fundo de Pasto keine ständige Anwesenheit der Familien voraussetzt und dass die Tiere frei gehalten werden. Außerdem machten sie darauf aufmerksam, dass eine Internationale Konvention, ratifiziert vom Parlament, den Schutz dieser traditionellen Form der Nutzung und Bevölkerung sicherstellt. In diesem Moment verachtet der Magistrat dieses legale Instrument und sagte: "Ich scheiße und verzichte auf die Internationale Konvention".

Angesichts der Argumentationen seitens der Vertreterinnen der AATR, gab der Richter zu, dass er das System des Fundo de Pasto nicht kennt, weil er auch nie auf dem Land gewohnt hat, aber trotzdem hält er seine Stellungnahme und Interpretation über die Angelegenheit aufrecht.

Wir missbilligen den Vorfall dieser richterlichen Inspektion, die den rechtsgültigen Prozess nicht respektiert und im Widerspruch einer umfassenden Verteidigung steht, die Verachtung des Magistrat in Bezug auf die Prozessregeln, die soziale Rechte in Bezug auf die Bevölkerung, die Jahrzehnte lang dort lebt, und die die Nutzung der Gemeinden des Fundo de Pasto voll unterstützt.

Wir bitten um Unterstützung bei der Verbreitung dieser Stellungsnahme und für den Kampf der traditionellen Landgemeinden, damit diese weiterhin auf ihrem Land verbleiben können.


Casa Nova, 11.03.2010


União das Associações de Fundo de Pasto de Casa Nova (UNASF)
Associação de Advogados de Trabalhadores Rurais no Estado da Bahia (AATR
Comissão Pastoral da Terra / Diocese de Juazeiro (CPT)
SINTAGRO-BA
Articulação do Semi-árido/Casa Nova (ASA)
Instituto Regional da Pequena Agropecuária Apropriada (IRPAA)
Paróquia São José Operário – Casa Nova

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