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Brasilien |

Regierung lässt Indigene im Stich

Die staatliche Indigenenbehörde Funai darf Brasiliens Ureinwohner nur noch in den offiziellen Reservaten betreuen. Damit sind die außerhalb der Schutzzonen lebenden Indigenen kriminellen Banden schutzlos ausgesetzt.

Lateinamerika Brasilien Indigene

Amazonas-Indigene demonstrieren in Brasilia für ihre Rechte. Foto: Tiago Miotto, Cimi

Die Indigenen gelten als die Verteidiger des Amazonaswaldes, und die 1988 verabschiedete Verfassung gewährt ihnen besonderen Schutz. Am Freitag, 29. November 2019, von der Tageszeitung "O Globo" veröffentlichte Dokumente der Indigenenbehörde Funai zeigen, dass Schutz und Betreuung der Indigenen ab sofort nur noch in den offiziellen Reservaten gilt. Außerhalb lebende Indigene dürfen nicht mehr von den Funai-Mitarbeitern betreut werden. Während Brasiliens Regierung auf der derzeit tagenden Klimakonferenz in Madrid zehn Milliarden US-Dollar jährlich für den Waldschutz einfordern will, lässt sie die Verteidiger des Waldes im Stich.

Er werde den Indigenen keinen Zentimeter Boden geben, hatte Präsident Jair Messias Bolsonaro im Wahlkampf 2018 versprochen. Er will deren Land stattdessen ausbeuten. Einmal im Amt, schwächte er die Umweltbehörden und die Funai. Abholzungen und Waldbrände schnellten daraufhin in die Höhe. In Madrid will die Regierung nun Gelder aus dem Pariser Klimapakt, um den Wald doch stehen zu lassen. Zugleich verhindert sie nicht, dass die Natur dort, wo sie noch am besten erhalten ist, geschützt wird: in den Indigenengebieten. Stattdessen werden dort immer mehr illegale Aktivitäten registriert. 2019 waren es bislang 160 Fälle, 111 im Vorjahr.

Isoliert lebende Indigene in Gefahr

Am stärksten betroffen sind die Gruppen ohne Kontakt zur Außenwelt. Es gibt Hinweise auf die Existenz von 114 von ihnen. Doch bedarf es wissenschaftlicher Expeditionen, um festzustellen, ob die dort registrierten Gemeinschaften wirklich isoliert leben oder doch Kontakt zur Außenwelt haben. Bisher konnte die Funai in 28 Fällen nachweisen, dass es sich tatsächlich um isolierte Gruppen handelt. Das ist wichtig, da diese laut der Verfassung einen noch höheren Schutzstatus haben und von der Funai vor äußeren Einflüssen beschützt werden müssen. Bisher hat die Behörde zu ihrem Schutz 20 Außenposten in Amazonien eingerichtet. Doch immer häufiger kommt es zu Angriffen durch kriminelle Banden sowohl auf die indigenen Gruppen wie auf die Basen. Kürzlich zog die Funai deswegen ihre Mitarbeiter aus der Basis im Javari-Tal an der peruanischen Grenze ab.

Von der nun ergangenen Anordnung, die Aktivitäten auf die legalisierten Indigenenreservate zu beschränken, seien 5 der 28 bisher bestätigten isolierten Gemeinschaften betroffen, sagten Mitarbeiter der Funai, die ihren Namen nicht nennen wollen, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Von den 86 bisher noch nicht zweifelsfrei als isoliert lebend bestätigten Indigenengruppen sei sogar die Hälfte von der Anweisung betroffen. Das bedeutet: Sie sind illegalen Goldsuchern, Jägern und Holzhändlern schutzlos ausgesetzt. "Sie zerstören alles, was wir erreicht haben", kritisiert ein Funai-Mitarbeiter die Regierung.

Viele Indigenengebiete sind noch nicht offiziell anerkannt

Doch auch in Kontakt mit der Außenwelt lebende Indigene, die die große Mehrheit der rund eine Million Indigenen in Brasilien stellen, sind betroffen. Im ganzen Land gibt es 486 indigene Territorien, weitere 236 befinden sich noch im Prozess der Legalisierung. Laut dem Indigenen-Missionsrat der katholischen Kirche, Cimi, erheben die Indigenen auf 574 weitere Gebiete Anspruch. Doch seit Jahren stocken die Prozesse, obwohl sie laut der Verfassung innerhalb von fünf Jahren, also eigentlich bis 1993, hätten abgeschlossen werden müssen.

Doch der Druck durch Lokalpolitiker und die Agrarlobby, die die Gebiete gerne zur wirtschaftlichen Ausbeutung, für Nahrungsmittelproduktion und Landspekulation nutzen würden, ist groß. "Wir sind sehr besorgt über die Situation", sagt Cimi-Direktor Antonio Eduardo Oliveira der KNA. Derzeit verschaffe man sich einen Überblick, welche Indigene durch den Abzug der Funai besonders betroffen sind.

Seit Bolsonaros Amtsantritt habe sich die Gesundheitsversorgung der Indigenen drastisch verschlechtert, urteilt Cimi-Mitarbeiter Roberto Antonio Liebgott. Kuba hatte 2018 nach Meinungsverschiedenheiten mit Bolsonaro seine Ärzte aus den Indigenengebieten abgezogen. Seitdem sei kein Ersatz gekommen, so Liebgott. "Die Regierung streicht die Mittel zusammen, und wenn sie welche freigibt, dann nur verspätet. Viele Indigene verlassen ihre Dörfer und suchen Hilfe in den Städten, wo sie der für sie fremden Lebenswelt schutzlos ausgeliefert sind."

Quelle: KNA, Cimi; Autor: Thomas Milz

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