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Guatemala |

„Putsch innerhalb des Systems“

Michael Mörth (65), deutscher Jurist und Berater einer Menschenrechtskanzlei in Guatemala, lebt seit mehr als 20 Jahren in Guatemala. Foto: Markus Dorfmüller

Die Regierung hat entschieden die CICIG (UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala) des Landes zu verweisen. Das wurde den UN-Verantwortlichen am letzten Montag, 7. Januar 2019, mitgeteilt. Dagegen haben die Generalstaatsanwaltschaft und das Verfassungsgericht Einspruch erhoben. Droht ein offener Konflikt zwischen Exekutive und Judikative?
 
Ja und nein, denn die Regierung versucht die Justiz an die Kette zu legen. Derzeit läuft eine Initiative, die Immunität von drei Verfassungsrichtern aufzuheben und sie vor Gericht zu stellen. Das wird über den Obersten Gerichtshof initiiert, den die Regierung kontrolliert. Es findet ein Putsch im Inneren des Systems statt - bisher ohne den Einsatz von Waffengewalt. Ohne Zweifel kommt die Regierung von Präsident Jimmy Morales dabei voran, dass Verfassungsgericht abzuschaffen – das ist das Ziel der Regierung. 
 
Wie agiert die Generalstaatsanwaltschaft? Sie hat die Regierung beziehungsweise die Behörden vor zehn Tagen aufgefordert, einen CICIG-Mitarbeiter, dem die Einreise verweigert wurde, einreisen zu lassen. Hat sie sich damit klar positioniert und angemahnt, ein Urteil des Verfassungsgerichts zu respektieren?
 
Ja, in diesem Fall hat sie klar agiert und das war ein Signal. Aber derzeit hält sich die Generalstaatsanwaltschaft wieder zurück – sie ist den Verfassungsrichtern nicht zur Seite gesprungen, hat aber die Regierung aufgefordert, den Vertrag mit der UN über die CICIG zu respektieren und die Kommission in Ruhe arbeiten zu lassen.
 
Klingt etwas ambivalent.
 
Ja, genau das ist das Problem. Die Generalsstaatsanwältin María Consuelo Porras tanzt auf beiden Hochzeiten, sie will es sich mit beiden Seiten nicht verscherzen – das ist ein Problem.
 
Wie geht es weiter? Wird es zur Aufhebung der Immunität der sieben Verfassungsrichter und zu Prozessen gegen diese Richter kommen? Und was wird Ihnen vorgeworfen?
 
Die Aufhebung der Immunität der Richter liegt beim Kongress. Dessen 158 Abgeordnete müssen entscheiden, ob gegen die Richter ein Prozess eröffnet werden kann. Dazu wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Diese Mehrheit muss der „Pakt der Korrupten“, die Interessensallianz um Präsident Jimmy Morales, aber erst einmal zusammenbekommen. Das ist unsicher – sicher hat sie derzeit die Stimme von 69 Abgeordneten. Gegen die meisten dieser Abgeordneten wird wegen Korruption ermittelt. 
 
Die gehören also faktisch dem „Pakt der Korrupten“ an – wie viele Abgeordnete verteidigen die Unabhängigkeit der Justiz?
 
Schwer zu sagen, da es unterschiedliche Interessen gibt und die Regierung von Jimmy Morales alle Register der Einschüchterung zieht. Es hat den Eindruck, dass sie auch vor einem offenen Putsch nicht zurückschrecken. Aber bisher lautet die Strategie, den Putsch zu vermeiden und die Justiz zu destabilisieren. 
 
Welche Bedeutung hat der interne Widerstand, Demonstrationen sind angekündigt, und warum ist bisher so wenig Kritik auf internationaler Ebene zu hören?
 

Für den 14. Januar sind Großdemonstrationen in Guatemala-Stadt angemeldet. Das ist positiv, denn die Zivilgesellschaft lässt sich nicht einschüchtern, aber es fehlt an massiver internationaler Kritik. Es hat gestern eine Erklärung der Botschaft der USA gegeben, die sich besorgt zeigte, dass der Kampf gegen die Korruption in Guatemala nicht fortgesetzt werden könnte. Ansonsten hat sie alle Seiten zur Mäßigung aufgefordert. Aber das ist nur ein schwaches Signal und von der Regierung Trump ist da wenig zu erwarten. Von Abgeordneten, sowohl Republikaner und vor allem Demokraten wie Norma Torres, sind aber deutliche Statements gekommen, aber das reicht nicht.
 
Und von Seite der EU und europäischen Staaten?
 
Ich weiß bis dato nichts von klaren Stellungnahmen. Das ist keine gute Nachricht.

Interview: Knut Henkel

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