Präsidentschaftswahlen vorgezogen
Am Morgen noch hatte Venezuelas Präsident Hugo Chavez im Staatsfernsehen verkündet, dass er wohl eine vierte Chemotherapie brauche – am Nachmittag ging dann die Präsidentin des Wahlrates an die Presse, um den Termin für die Präsidentschaftswahlen vorzuziehen. Statt wie üblich im Dezember wird der Präsident nun Anfang Oktober 2012 gewählt, für die Gouverneure bleibt es bei Dezember, die Lokalwahlen wurden auf April 2013 terminiert, wie Tibisay Lucena in Caracas bekanntgab.
Ein Schachzug, den die Opposition erwartet hatte. Lucena, eine enge Vertraute des Staatschefs, wies Kritik an der Entscheidung zurück. Der Wahlrat habe einstimmig entschieden und keineswegs stünden die demokratischen Institutionen auf dem Spiel. Der Wahlrat führte technische Kriterien an, weil 2012 aufgrund der unterschiedlichen Amtsperioden Präsidentschafts-Gouverneurs-und Lokalwahlen zusammenfallen. Hinter vorgehaltener Hand machten allerdings andere Gründe die Runde in Caracas: der Staatschef sei kränker als er zugebe, hieß es. Und es handele sich um einen politischen Trick, um Chavez‘ Popularitätsbonus seit Bekanntwerden seiner Krebserkrankung auszunützen. Der Linkspopulist regiert den Erdölstaat seit 1999.
„Eine kurze, virtuelle Kampagne ist für Chavez auf jeden Fall besser als eine lange und ermüdende“, sagte der Meinungsforscher Luis Vicente Leon. Für die bürgerliche Opposition hingegen, die erst im Februar in Vorwahlen einen Einheitskandidaten bestimmen will, könnte eine kürzere Kampagne von Nachteil sein. Der Sozialdemokrat Henry Ramos Allup zeigte sich allerdings überzeugt, dass auch sieben Monate ausreichen, um Chavez zu besiegen. Unterschiedlichen Umfragen zufolge liegt die Popularität Chavez‘ derzeit zwischen 49 und 58 Prozent. (sw)