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Nicaragua: Handgemenge bei Trauerfeier für Ernesto Cardenal

Selbst beim Gedenkgottesdienst für den verstorbenen Befreiungstheologen Ernesto Cardenal kommt das mittelamerikanische Land nicht zur Ruhe. Präsident Daniel Ortega schickt seine Banden in die Kathedrale.

Nuntius Waldemar Stanislaw Sommertag versucht auf die Anhänger des sandinistischen Machthabers Daniel Ortega einzureden. Umringt von Fotografen und Kameraleuten in der überfüllten Kathedrale der nicaraguanischen Hauptstadt Managua spricht er zu den ganz in Rot-Schwarz gekleideten Sandinisten. Sie hatten zuvor mit Sprechchören versucht, den Gottesdienst zu dominieren. „Viva Daniel“ oder „Wir wollen den Frieden“ riefen die Anhänger von Präsident Ortega, der gemeinsam mit seiner Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo eine dreitägige Staatstrauer im Gedenken an Ernesto Cardenal angeordnet hatte. Der Befreiungstheologe, Marxist, Priester und Schriftsteller war am Sonntag im Alter von 95 Jahren verstorben. Sein Sarg ist in der völlig überfüllen Kathedrale von Managua aufgebahrt. Einen Ortega-Anhänger, der zuvor noch laut gerufen hatte, bat Sommertag um Stille: „Freund, es ist ein Gottesdienst.“

Sandinisten stören Trauerfeier

Nicht einmal am Sarg Cardenals, einem der Mistreiter der sandinistischen Revolution von 1979, der sich in den letzten Jahren zu einem der schärfsten Kritiker Ortegas entwickelt hatte, kam die Polarisierung des Landes zum Stillstand. Die Sandinisten in rot-schwarzer Kleidung waren schon Stunden zuvor mit Bussen angereist, um die Bänke zu besetzen und damit die Fernsehbilder zu dominieren. Die bürgerliche Opposition hingegen kam in blau-weiß zur Trauerfeier. 

Der Bischof von Matagalpa, Rolando Alvarez, der die Messe lesen sollte, schaffte es nicht, gegen die Ortega-Anhänger anzukommen. Als er davon sprach, eine Möglichkeit zu schaffen, dass die Bürger in Frieden, in Würde, in Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Demokratie leben können, stimmten die Ortega-Anhänger wieder ihre Sprechchöre an. Einer von ihnen sagte in die Fernsehkameras, der Schriftsteller Cardenal stehe zwar für die Kultur, aber er sei eben auch ein Verräter, berichtet das regierungskritische Portal „Confidencial“.

Regierungskritische Journalisten werden attackiert

Cardenals Assistentin, Luz Marina Acosta, verfolgte die ganze Szenerie fassungslos. Sie wirft der Regierung vor gezielt Störenfriede geschickt zu haben. „Das ist nicht korrekt gegenüber einem Mann der Größe von Ernesto. Wir wissen, wer sie geschickt hat.“ Als der Sarg nach draußen getragen wird, so berichten regierungskritische Portale, werden Cardenals Vertraute geschubst und beschimpft. Ein Reporter des regierungsnahen Portals „El 19 Digital“ soll die Schriftstellerin Gioconda Belli als Verräterin beschimpft haben. In der Berichterstattung dieses Portals sind ausschließlich Bilder trauernder Sandinisten zu sehen. Draußen kommt es derweil offenbar zu Übergriffen auf regierungskritische Journalisten. Die Bilanz: Mindestens drei Pressevertreter werden attackiert und ausgeraubt.

Das Oppositionsbündnis Allianza Civica verurteilte noch am Abend die Vorfälle: „In Nicaragua ist nichts normal. Die Bürger haben kein Recht, ihre Toten zu beerdigen, die Reporter können nicht berichten.“  Managuas Ex-Weihbischof Silvio Baez, vom Papst ins sichere Exil geschickt, kommentiert am Abend via Twitter, er sei wütend über das, was in der Kathedrale passiert sei. „Totale Respektlosigkeit. Einmal mehr zeigen die Banden des Diktators ihren Fanatismus und ihre Gewalt. Meine Solidarität mit den angegriffenen Personen und Journalisten. Genug von dieser Irrationalität.“

Cardenal - kritische Stimme in Kirche und Politik

Als einer der bekanntesten Vertreter der Befreiungstheologie war Ernesto Cardenal unter anderem am Sturz des rechten Diktators Anastasio Somoza in Nicaragua beteiligt, nach der Revolution 1979 wurde er Kulturminister der sandinistischen Regierung. Später distanzierte sich Cardenal von den Sandinisten und wurde zum scharfen Kritiker des linksgerichteten Präsidenten Ortega. Wegen seines politischen Engagements verbot ihm Papst Johannes Paul II. 1985 die Ausübung des priesterlichen Dienstes. Im Februar 2019 wurden alle Sanktionen durch Papst Franziskus wieder aufgehoben. Ernesto Cardenal starb am vergangenen Sonntag im Alter von 95 Jahren.

Quelle: KNA, Autor: Tobias Käufer

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