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Kolumbien |

Neuer Anlauf für einen Dialog im Cauca

Drei Stunden debattierte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos am vergangenen Mittwoch inLa María (Gemeindebezirk Piendamó)mit Indigenen der Region Cauca. Seit Samstag versammeln sich dort rund 20.000 Indigene aus allen Landesteilen zu Beratungen. Konkrete Ergebnisse brachten die Gespräche mit der Regierung jedoch nicht.

Der Präsident lehnt weiterhin kategorisch den Abzug des Militärs aus den indigenen Territorien ab. „Solange ich keinen wirklichen Willen zum Frieden sehe, bin ich laut Verfassung zum Schutz der Kolumbianer durch Polizei und Streitkräfte verpflichtet“ zitiert die Tageszeitung "El Tiempo" den Präsidenten. Feliciano Valencia, einer der indigenen Delegierten unterstrich hingegen die Forderung nach dem Abzug der Armee, denn diese „kontrolliert die Territorien nicht und gibt uns keine Garantien“.

Die Indigenen fordern unter anderem auch die Rücknahme von bereits erteilten Konzessionen für Bergbau sowie für die Nutzung von Energieressourcen auf ihren Gebieten. Die Vergabe von Land an transnationale Konzerne müsse gestoppt werden. Santos erbat sich Zeit, um auf die Forderungen zu reagieren.

Santos entschuldigt sich für Menschenrechtsverletzungen

Immerhin kam man überein, die Gespräche fortzuführen und vier Arbeitsgruppen zu bilden. Themen wie territoriale Autonomie, Regierung und indigene Autonomie und soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte der indigenen Völker sollen diskutiert werden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Servindi beginnen die Arbeitsgruppen in denen Delegierte der Indigenen, Minister und Regierungsvertreter sitzen bereits heute mit ihrer Arbeit.

Ansonsten gab der Präsident sich zahm. Er habe „weder früher noch jetzt die Gemeinschaften, und schon gar nicht die im Cauca, als Guerilleros oder Verfechter von Gewalt angesehen." Diese Stigmatisierung weise er zurück, konstatierte Santos und erklärte weiter, derartige Generalisierungen seien ein „Fehler“, der nur alte Wunden wieder aufreiße, zitiert „La Tercera“ den Präsidenten. In seiner Eigenschaft als Staatschef bat Santos um Entschuldigung für die Opfer und Menschenrechtsverletzungen an den Indigenen. „Ich möchte Ihnen meine absolute Solidarität für die Opfer dieses absurden Konflikts aussprechen, der schon ein halbes Jahrhundert andauert und so viele Opfer, nicht nur in den indigenen Gemeinschaften, sondern in ganz Kolumbien gefordert hat“, erklärte er.

UN-Sonderbotschafter Anaya: Armee darf Indigene nicht gefährden

Wie ernst es Santos mit diesen Gesten ist, wird sich noch zeigen müssen. Die internationale Aufmerksamkeit für die Lage im Cauca ist derzeit hoch. Kolumbien will den Freihandelsvertrag mit Europa unter Dach und Fach bringen – da käme Wasser auf die Mühlen von Menschenrechtlern und Umweltschützern sehr ungelegen. Obendrein war am 9. August auch noch der „Welttag der Indigenen Völker“.

Aus diesem Anlass hatte sich der UN-Sonderbotschafter für indigene Rechte, James Anaya, der 2009 vor Ort gewesen war, zu Wort gemeldet. Er mahnte eine Fortführung des Dialogs an und forderte alle Akteure auf, das Recht der indigenen Bewohner auf Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerung, persönliche Sicherheit und Unversehrtheit zu respektieren. Zudem verweist er in seiner Presseerklärung darauf, dass die Anwesenheit der Armee durchaus nicht so selbstverständlich sei, wie von Santos postuliert.

„Ich erkenne die Komplexität dieser Situation an, bei der sowohl die Interessen des kolumbianischen Staates und seiner Verantwortung für die Wahrung der öffentlichen Ordnung als auch die legitimen Forderungen der indigenen Völker nach Garantien ihrer körperlichen Unversehrtheit und den Respekt vor ihren eigenen Würdenträgern und Institutionen gewahrt werden müssen. Ich weise trotzdem darauf hin, dass es unabdingbar ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ursachen der Gewalt zu beseitigen, welche die Indigenen erleiden. Es muss sichergestellt sein, dass durch die Präsenz der Armee keine Bedingungen geschaffen werden, die die indigene Bevölkerung in Gefahr bringen“, so Anaya. Er mahnte außerdem an, die von der Interamerikanischen Menschenrechrechtskommission (CIDH) und dem kolumbianischen Verfassungsgericht im Jahr 2009 angeordneten Schutzmaßnahmen für das Volk der Nasa umzusetzen.

Militär nur in Ausnahmefällen

Anaya verwies auf Artikel 30 der Deklaration der Vereinten Nationen zu den indigenen Rechten. Demnach sind militärische Interventionen in indigenen Territorien nur dann möglich, wenn ein „öffentliches Interesse“ bestehe, eine freie Übereinkunft getroffen oder die Bewohner selbst die Intervention gefordert haben. Anaya sieht in diesem Artikel eine grundsätzliche Einschränkung für militärische Interventionen in indigenen Territorien, da ein „andauerndes öffentliches Interesse“ vorliegen müsse. Dies sei nicht gleichzusetzen mit vorübergehenden speziellen Interessen, wie es sie bei militärischen und strategischen Taktiken gebe.

Selbst wenn vom Staat ein öffentliches Interesse festgestellt werde, „muss eine vorherige Konsultation mit daran interessierten indigenen Völkern durchgeführt werden, um die Bedingungen der Militärpräsenz zu klären“, so Anaya. Indigene haben zudem Eigentumsrechte und das Recht, ihre Territorien autonom zu verwalten, so der UN-Sonderbotschafter weiter. Indigene Institutionen, inklusive solcher Einrichtungen, welche die Sicherheit innerhalb der indigenen Territorien garantieren sollen – womit Anaya auf die indigenen Wachen anspielt, die mit der Entwaffnung von Soldaten und Farc-Kämpfer begonnen hatten – seien daher vom Staat zu respektieren.

Autorin: Bettina Hoyer

Indigene Kinder verfolgen aufmerksam eine Versammlung / Foto: nasacin.org

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