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Venezuela |

Nach der Parlamentswahl vor der Präsidentschaftswahl

Sowohl Anhänger als auch Gegner von Venezuelas Präsident Hugo Chávez haben die Ergebnisse der Parlamentswahl vom 26. September als eigenen Triumph und als Niederlage des Gegners gewertet. Beide haben teilweise recht, aber eben nur teilweise. Zunächst einmal ist festzustellen, dass es gegen den Ablauf der Wahlen erfreulicherweise keinerlei Einwände gab – weder von der venezolanischen Opposition noch von den internationalen Wahlbeobachtern. Ein chilenischer Beobachter kam sogar zu dem Urteil, dass einige andere Länder – darunter auch europäische – Venezuela um die Wahl beneiden könnten, was Wahlbeteiligung (sie lag bei 66,5 Prozent) und Organisation angehe. In Venezuela gibt es keine Wahlpflicht wie zum Beispiel in Brasilien.

Drastische Unterschiede zwischen den Regionen

Es herrschte eine große Polarisierung im ganzen Land, die Ergebnisse unterschieden sich von Region zu Region zum Teil drastisch. In die venezolanische Nationalversammlung in Caracas wurden 98 „chavistische“ Abgeordnete gewählt, die Opposition gewann 65 Sitze. Der Vorsprung der sozialistischen PSUV vor dem Oppositionsbündnis „Tisch der demokratischen Einheit“ (spanische Abkürzung: MUD) betrug allerdings nur 100.000 Stimmen – insgesamt waren 11,6 Millionen Stimmen abgegeben worden. Das Wahlsystem ermöglichte das Missverhältnis. Allerdings begünstigte dieses in einigen Wahlkreisen auch massiv die Opposition.

„Scheitern“ oder „solider Sieg“?

Die Presse, die in ihrer großen Mehrheit die Interessen der mächtigen Wirtschaftsgruppen vertritt, die in Opposition zu Chávez stehen, ließ es sich nicht nehmen, in den Schlagzeilen von einem „Scheitern“ des Präsidenten zu sprechen. Dies traf nur insofern zu, als er sein selbst ausgegebenes Ziel einer Zweidrittelmehrheit – 110 Abgeordnete wären hierfür erforderlich gewesen – relativ klar verfehlte. Chávez selbst mochte dennoch lieber von einem „soliden Sieg“ reden.

Was seine Gegner übersehen: Nur wenige Regierungschefs in Lateinamerika, aber auch weltweit, sind so häufig wie Chávez in freien Abstimmungen bestätigt worden. Seit er Ende 1998 zum ersten Mal zum venezolanischen Präsidenten gewählt wurde, hat er immer wieder Mehrheiten erhalten. Er gab den Anstoß zu einer Verfassung, die tiefgreifende politische und soziale Reformen in Venezuela ermöglichte und somit die Lebensbedingungen breiter Bevölkerungsschichten in den Städten und auf dem Land verbesserte. Deutliche Fortschritte wurden vor allem bei der Bildung und im Gesundheitswesen erzielt.

Gemeinsames Regierungsprojekt statt Polarisierung

Die Blicke richten sich nun bereits auf die kommende Präsidentschaftswahl im Jahr 2012. Chávez kann dann gemäß Venezuelas Verfassung wiedergewählt werden. Was aber wird aus dem oppositionellen „Tisch der demokratischen Einheit“? Bei diesem handelt es sich um ein eher zusammengewürfeltes Zweckbündnis politisch sehr unterschiedlich ausgerichteter Kräfte, das vor allem durch die Gegnerschaft zu Chávez geeint wird. Wie da ein gemeinsames Regierungsprogramm erarbeitet werden sollte, ist derzeit schwer vorstellbar. Aber es bleiben noch zwei Jahre Zeit – auch, um sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen.

Auf der anderen Seite muss die bolivarische Bewegung von Hugo Chávez versuchen, ihre Basis in der venezolanischen Gesellschaft zu verbreitern und die Fehler korrigieren, die oft die eigenen Anhänger aufzeigen. Eine Politik, die einen Teil der Bevölkerung ausschließt, würde die Präsidentschaftswahl 2012 zu einem Referendum für oder gegen Chávez werden lassen – keine kluge Idee. Dies machte es der Opposition nämlich sehr einfach – auf jeden Fall einfacher als die Erarbeitung eines gemeinsamen Regierungsprojektes.

Quelle: Prensa Ecuménica / COMCOSUR INFORMA Nº 1224 - 21/10/2010], Servicio de Prensa Alternativa, in: Adital, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

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