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Moderner Fußball-Kolonialismus

Den nimmersatten europäischen Top-Ligen reichen die südamerikanischen Top-Stars nicht mehr. Nun wollen sie auch ans zahlungskräftige ausländische Publikum. RB Leizpig geht sogar noch einen Schritt weiter.

Lateinamerika Copa America Fußball Brasilien

Die spanische Profi-Liga "La Liga" präsentiert sich in einer Shopping-Mall in Rio de Janeiro. Foto: Tobias Käufer

Für ihre Produktwerbung hat sich die spanische Eliteliga ein besonderes Plätzchen ausgesucht. Im Einkaufszentrum Rio Sul mietet sich „La Liga“ während der Copa America in Brasilien ein. Hier gehen die Reichen und Schönen von Rio de Janeiro einkaufen. „La Liga“ präsentiert sich in Etage Eins als Tummelplatz der südamerikanischen Topstars. Eine Werbeagentur jubelt per Pressemitteilung zur Eröffnung: 250 Quadratmeter für 90 Jahre Liga-Geschichte. Auf einer VIP-Wand ist zu sehen, wer der spanischen Eliteliga den Glanz verleiht: Lionel Messi aus Argentinien, Luis Suarez aus Uruguay, Philippe Coutinho aus Brasilien oder Arturo Vidal aus Chile. Zusammengezählt kommen die südamerikanischen Fachkräfte in La Liga auf eine Kader-Zahl von 23 Nationalspielern, die bei der Copa America vertreten sind.
 
Zwei Dutzend Top-Stars, die den einheimischen Ligen in Brasilien, Argentinien oder Uruguay fehlen. Und die der „Neuen Welt“ die Strahlkraft rauben, wenn sie auf die andere Seite des Atlantiks wechseln. Anders ausgedrückt: Fachkräftemangel. Mit Messi, Suarez oder Vidal nimmt „La Liga“ den südamerikanischen Ligen nicht nur die sportliche Qualität, sie entzieht dem heimischen Markt damit auch die heute wichtigste Währung: Aufmerksamkeit.

Werben um zahlungskräftige Kunden 

Und genau darum geht es im Einkaufszentrum Rio Sul. Der teure europäische Fußball muss verkauft werden. Hier ist die Klientel zu Gast, die sich europäischen Top-Fußball leisten kann. Die in der Lage ist, Geld für Trikots und Bezahlabos zu zahlen. Rios Armenviertel sind gut für die Imagebildung, für die Stiftungen von Profis, aber nichts fürs Geldverdienen. Gut fünf bis zehn Prozent der Einwohner Rios gelten als Gutverdiener. Und um die bemüht sich La Liga nun intensiv. Überdimensionale HD-Bildschirme, Video-Spiele, Pokale, Trikots und kleine Gesprächsrunden locken die Kunden in die Verkaufsräume. Aufmerksame Berater wollen von den Gästen E-Mail-Adressen, zwecks Kundenbindung. „La Liga“ braucht Geld, um die teuren Superstars zu finanzieren.

Red Bull Konzern kauft brasilianischen Fußball-Klub 

Das Imperium von RB Leipzig geht da sogar noch einen Schritt weiter. Inzwischen hat sich der Red Bull Konzern eine eigene Mannschaft in der zweiten brasilianischen Liga gekauft. Der bisherige Weg – die Ochsentour aus der vierten bis in die erste Liga – hat nicht funktioniert. RB Brasil scheiterte stets am Aufstieg. Also griff RB zu und verleibte sich RB Bragantino aus dem Großraum Sao Paulo ein. Nach acht Spieltagen führt der Klub die zweite Liga mit 19 Punkten an. Die Konzernzentrale hat damit direkten Zugriff auf den brasilianischen Markt und auf besonders begabte brasilianische Kinder. Übertragen auf die Rohstoffbranche hat sich Red Bull also eine eigene Mine gesichert, die nun ausgebeutet werden kann. Die Gewinne fließen ab in den Red Bull Konzern.
 
Der Klub hat zwei Aufgaben. Er soll das Getränk des Konzerns in Brasilien bewerben und zum Talente-Zulieferer werden. De facto ist das die endgültige Unterwerfung des südamerikanischen Marktes und eines Landes, das eigentlich als das Fußball-Land weltweit gilt. Doch die Heimat des Rekordweltmeisters wird nun noch radikaler ausgesaugt als ohnehin schon: Nichts bleibt mehr in Südamerika. Die Talente, die TV-Abos, die Aufmerksamkeit kennt nur eine Richtung: Europa. Der Fußball ist wohl das neoliberalste Geschäftsmodell im Sport schlechthin. Für Südamerikas Vereinsfußball bedeutet das alles einen schleichenden aber sicheren Tod.

Real Madrid entdeckt den Frauen-Fußball

Übrigens: Der Erfolg der Frauen-Fußball-WM weckt bei den Spaniern neue Begehrlichkeiten. Real Madrid kündigt die Gründung einer Profi-Frauenmannschaft an. Klub-Präsident Perez kaufte für rund 400.000 Euro den Erstliga-Aufsteiger CD Tacon. Es ist allerdings nicht die Suche nach Gleichberechtigung oder die Nachwuchsförderung, die Real Madrid zu diesem Coup treibt. Laut spanischen Medienberichten soll der deutsche Ausrüster Adidas Kraft hinter der Expansion stecken. Rafael del Amo, Präsident der Frauenfußball-Abteilung des spanischen Verbandes, wird mit den Worten zitiert: „Es ist eine Ehre, Real im Wettbewerb zu haben. Es ist das Monster, das fehlte.“ Spekuliert wird nun über eine Weltauswahl des Frauenfußballs im Trikot von Real Madrid. Und die sollen noch mehr Trikots verkaufen. Sollte dies Realität werden, wäre das für die anderen nationalen Ligen eine Katastrophe: Mit Top-Stars wechseln dann auch Aufmerksamkeit und Gewinne den Besitzer.

Autor: Tobias Käufer, Rio de Janeiro

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