Mexiko fest im Griff der organisierten Kriminalität
US-Präsident Donald Trump will die mexikanischen Drogenkartelle mit Terroristen gleichsetzen. In Mexiko fürchtet man, dass damit militärischen Interventionen der Weg bereitet wird.
Anfang November fiel das Licht der Weltöffentlichkeit auf eine einsame Bergregion im Norden Mexikos. Neun Babies, Kinder und Frauen der Mormonenfamilie LeBaron wurden in einem Massaker von Kartellangehörigen ermordet. US-Präsident Donald Trump rief zum “Krieg gegen die Kartelle” auf. Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) wies eine Einmischung in die Souveränität seines Landes zurück, willigte aber in eine Aufklärung des Verbrechens mit Hilfe des FBI ein. Die Religionsgemeinschaft LeBaron besitzt sowohl die mexikanische wie die US-amerikanische Staatsangehörigkeit.
Mormonen und Mennoniten betreiben in der Sierra zwischen den Bundesstaaten Sonora, Chihuahua, Sinaloa und Durango extensive Landwirtschaft. Die streng konservativen, patriarchal organisierten und hermetisch geschlossenen Gemeinschaften befinden sich genau auf der umkämpften Drogenroute in die USA. Hier wird auch Marihuana und Schlafmohn angebaut. Schon im Jahre 2009 wurden Angehörige der Familie LeBaron entführt und ermordet. Julian LeBaron schloss sich daraufhin der Friedensbewegung gegen den sogenannten “Drogenkrieg” an und zog mit dem Poeten Javier Sicilia durchs Land.
Es geht nicht nur um Drogen, sondern auch um Wasser und Lithium
Doch die strenggläubigen Agrarwirte stehen auch in immer wieder gewaltsam ausgetragenen Konflikten mit der Bauernbewegung “El Barzón”. Diese wehrt sich gegen illegale Brunnenbohrungen durch mormonische und mennonitische Gemeinschaften, die den fragilen Grundwasserspiegel in der Wüstenregion senken. “Wasser ist ein kostbares Gut und wird als Ressource immer umkämpfter”, so Luz Adriana Torres, die an der Autonomen Universität von Ciudad Juárez (UACJ) im bundesstaatlichen Programm gegen Klimawandel arbeitet. Mennoniten und Mormonen seien “Teil des Problems” und würden durch extensive Viehzucht auch erheblich zum CO2-Ausstoss in der vorwiegend ländlichen Region beitragen.
Neben Drogen und Wasser geht es im Norden Mexikos um eine weitere begehrte Ressource: Lithium. Ein großes, kurz vor der Ausbeutung stehendes Vorkommen befindet sich in Bacadéhuachi, Sonora, und damit auf dem Territorium des Sinaloakartells. Das Unternehmen Bacanora Minerals ist aus Kanada; Anteilseigner sollen aber auch Ganfeng Lithium aus China und der Elektroautohersteller Tesla aus Deutschland sein. Insgesamt 200 Millionen Tonnen wird der Tagebau ab 2020 fördern. Weitere Vorkommen gibt es weltweit nur in den USA, Kanada, Australien, Mali, Zimbabwe – und Bolivien. Der kürzlich geputschte Präsident Evo Morales begründete den Staatsstreich in seinem Land mit dem verweigerten Zugang zu den Lithiumvorkommen.
USA will Drogenkartelle mit Terroroganisationen auf eine Stufe stellen
In Mexiko fürchtet man nun eine Invasion durch die USA. Denn Trump verkündete, dass er eine Initiative durch den Kongress bringen will, um mexikanische Drogenkartelle mit terroristischen Organisationen gleichzustellen. Sollte dies in die US-Gesetzgebung eingehen, rechtfertigt das nicht nur geheimdienstliche Intervention, sondern auch offene Militärschläge in jeglichem Land, indem als “Terroristen” eingestufte Gruppen operieren.
Die Familie LeBaron muss sich nun gegen Angriffe auf twitter und anderen sozialen Medien wehren. In unzähligen Nachrichten werden sie als “Vaterlandsverräter” angeklagt. Die Mormonengemeinschaft, die enge Verbindungen in die USA unterhält und dessen einflussreichstes Mitglied US-Senator Mitt Romney ist, besuchte nach dem Massaker Washington. In einem Brief hatten sie Präsident Trump aufgefordert, die Gleichsetzung der mexikanischen Kartelle mit Terrororganisationen durchzusetzen. Nun rudert die Familie zurück. Sie hätten zu keiner Zeit die Souveränität Mexikos in Frage stellen wollen. Aber die Regierung AMLO müsse die Unterstützung der USA im Kampf gegen die finanzielle und militärische Übermacht der Kartelle akzeptieren.