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Lula - ein brasilianischer Mythos

Brasiliens Heilsbringer muss ins Gefängnis. Luiz Inácio Lula da Silva steht vor den Trümmern seines Lebenswerks. Foto: Thomas Milz
Brasiliens Heilsbringer muss ins Gefängnis. Luiz Inácio Lula da Silva steht vor den Trümmern seines Lebenswerks. Foto: Thomas Milz

Januar 2011: Luis Inácio "Lula" da Silva verlässt den Präsidentenpalast in Brasília als eines der erfolgreichsten Staatsoberhäupter in der Geschichte Brasiliens. Die Wirtschaft floriert, er übergibt das Amt seiner Wunschnachfolgerin Dilma Rousseff. Er selbst genießt enorme Anerkennung: 87 Prozent der Brasilianer hätten ihn auch für eine dritte Amtszeit gewählt, würde die brasilianische Verfassung dies nicht verbieten.

Noch 2009 nannte der damalige US-Präsident Barack Obama ihn den "beliebtesten Politiker auf der Erde". Einige handelten ihn als künftigen UN-Generalsekretär. Im April 2018 steht der 72-Jährige vor den Trümmern seines Lebenswerkes. Nach dem Willen des obersten brasilianischen Verfassungsgerichts (STF) muss der Ex-Präsident und Gründer der brasilianischen Arbeiterpartei PT seinen Lebensabend im Gefängnis verbringen.

Vom Schuhputzer zum Präsidenten

Sein Werdegang ist einzigartig: Luiz Inácio Lula da Silva wurde am 27. Oktober 1945 als Sohn armer Landarbeiter in dem Ort Caetés im Nordosten Brasiliens geboren. Als er sieben Jahre alt war, zog seine Familie nach São Paulo, wo er noch als Kind zum Einkommen seiner Familie beitrug. National bekannt wurde er in den 70er Jahren als Anführer der Metallarbeiter-Gewerkschaft und Widerstandskämpfer gegen die brasilianische Militärdiktatur (1964 - 1985). 1979 musste er als Streikführer für einen Monat ins Gefängnis. Im Jahr 1980 gründete er die Arbeiterpartei PT, Partido dos Trabalhadores.

Drei Mal hintereinander - 1989, 1994 und 1998 - trat Lula vergeblich als Präsidentschaftskandidat an. Im Wahlkampf 2002 schaffte er den Sprung in den Regierungspalast. Mit dem Versprechen, den Wirtschaftskurs seines Vorgängers Fernando Henrique Cardoso beizubehalten, schüttelte er sein linksradikales Image ab und fand Unterstützung in der Unternehmerschaft.

Sojaboom und Sozialprogramme

Der Plan ging auf. Im vierten Anlauf gewann Lula am 27. Oktober 2002 die Präsidentschaftswahlen und trat am 1. Januar 2003 sein Amt an. Mit seinem Sozialprogramm "Null Hunger" unterstützte er Kleinbauern, ließ Armentafeln erreichten und Wasserspeicher in Trockengebieten bauen. Internationale Anerkennung brachte ihm das Programm "Bolsa Familia" ein, das Sozialhilfe für arme Familien an den Schulbesuch von Kindern knüpfte. Außerdem ermöglichte er mit einer Bildungsreform auch armen Menschen den Zugang zu Universitäten. Über 20 Millionen Menschen wurden durch die unterschiedlichen Sozialprogramme während der Amtszeit Lulas von 2003 bis 2010 von der Armut befreit.

Das Ansehen Brasiliens in der Welt wuchs, und auch die Unterstützung für die Arbeiterpartei PT - gerade in den ärmeren Bevölkerungsschichten. Der weltweite Konjunkturaufschwung und die damit verbundene Nachfrage nach Rohstoffen aus Brasilien trug dazu bei, die Sozialprogramme der PT-Regierung zu finanzieren.

Nicht nur Brasiliens ärmere Bevölkerung, sondern die gesamte brasilianische Wirtschaft profitierte von der steigenden Binnennachfrage und dem Bauboom. Letzterer wurde durch zwei internationale Großereignisse zusätzlich befeuert, die Lula nach Brasilien geholt hatte: die WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.

Lula schwamm auf einer Welle des Erfolgs und wurde Ende 2006 mit 61 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Sein Ruhm reichte aus, um 2010 seiner Wunschnachfolgerin und ehemaligen Planungsministerin Dilma Rousseff ins Amt zu verhelfen.

Krankheit und Korruptionsvorwürfe

Als Ex-Präsident widmete sich Lula fortan der Kontaktpflege und Beratung. Zwischen 2011 und 2015 erhielt ein von Lula gegründetes Institut von verschiedenen Unternehmen umgerechnet 6,6 Millionen Euro - allein aus Redner-Honoraren. Der mächtige Multi-Konzern Odebrecht bezahlte dem Ex-Präsidenten zahlreiche Reisen.

Doch unmittelbar nach seiner zweiten Amtszeit begann für Lula eine Zeit persönlicher und politischer Schicksalsschläge. Ende Oktober 2011 wurde bei ihm ein Tumor am Kehlkopf diagnostiziert. Lula musste sich einer Chemotherapie unterziehen, überlebte aber die Krebskrankheit. 2017 starb seine Ehefrau Marisa Leticia Rouco, mit der 43 Jahre verheiratet war.

Politisch sank Lulas Stern seit dem Beginn der "Operation Waschstraße" im Herbst 2014, als Ermittler einen milliardenschweren Bestechungsskandal rund um den halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras aufdeckten. Auch hochrangige PT-Politiker waren darin verwickelt. Viele von ihnen wurde verurteilt. Im Januar 2018 traf es auch Lula: Ein Gericht in Porto Alegre sprach ihn in zweiter Instanz wegen Korruption und Geldwäsche schuldig.

Eigentlich wollte der charismatische Politiker bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober dieses Jahres erneut antreten. Laut Meinungsumfragen würden zwei Drittel aller Brasilianer für ihn stimmen. Der Haftbefehl macht Lula für seine Anhänger nun zum politischen Märtyrer.

Quelle: Deutsche Welle

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