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"Lava Jato" verursacht politisches Erdbeben

Gegen den ehemaligen Präsidenten von Peru, Alejandro Toledo, hat die peruanische Staatsanwaltschaft internationalen Haftbefehl erlassen. Foto: San Francisco Foghorn, CC BY 4.0 (Zuschnitt).
Gegen den ehemaligen Präsidenten von Peru, Alejandro Toledo, hat die peruanische Staatsanwaltschaft internationalen Haftbefehl erlassen. Foto: San Francisco Foghorn, CC BY 4.0 (Zuschnitt).

Der Fall Odebrecht sorgt beinahe täglich für neue Schlagzeilen. Immer mehr schmutzige Details des jahrelangen Schmiergeldsystems, das inzwischen unter dem Namen "Lava Jato" bekannt ist, werden aufgedeckt. Noch nie zuvor konnten in einem Korruptionsskandal so viele Beweise gesammelt werden. Die komplette politische Elite zahlreicher lateinamerikanischer Länder scheint involviert.

So hat die peruanische Staatsanwaltschaft zu Beginn dieser Woche bekannt gegeben, internationalen Haftbefehl gegen den ehemaligen Präsidenten Alejandro Toledo zu erlassen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen um die Schmiergeldzahlungen der brasilianischen Baufirma Odebrecht sei aufgedeckt worden, dass Toledo Bestechungsgelder in Millionenhöhe entgegen genommen habe.

Der zuständige peruanische Ermittler, Hamilton Castro, gab gegenüber mehreren peruanischen Tageszeitungen an, dass elf Millionen US-Dollar auf dem Konto des Geschäftsmannes und Wegbegleiter Toledos, Josef Maiman, zweifelsfrei diesem Kontext zugeordnet werden könnten. Die Bestechung habe demnach im Zusammenhang mit dem Bau der "Interozeanischen Autobahn", die von Peru aus nach Brasilien verläuft, gestanden. Im Gegenzug habe die Firma Odebrecht den Zuschlag erhalten, zwei der Abschnitte der Straße zu bauen. Darüber hinaus soll auch Toledos Beraterfirma Ecoteva, mit Sitz in Costa Rica, Zahlungen aus diesen Deals verrechnet haben.

Die Ermittlungen gegen Toledo hatten bereits zuvor zahlreiche Ungereimtheiten ans Tageslicht gebracht und eine Anklage nach sich gezogen. Der Politiker dufte bisher auf seinen Prozess in Freiheit warten. Er verursachte einen öffentlichen Aufschrei, als er Ende vergangenen Jahres sein Heimatland Peru verließ und in die USA ging. Nach Angaben von Hamilton Castro läge nun allerdings genug Material vor, um Toledo in Untersuchungshaft zu bringen. Er forderte den Politiker dazu auf, in sein Heimatland zurückzukehren und sich den Vorwürfen zu stellen. Toledo gibt nach wie vor an, komplett unschuldig zu sein.

Ein international gespanntes Netz der Korruption

Felipe Toledo ist längst kein Einzelfall. Da die Ermittlungsbehörden der entscheidenden Länder Lateinamerikas sowie das US-Amerikanische Justizministerium und die Firma Odebrecht inzwischen kooperieren, ist es seit Anfang dieses Jahres zu zahlreichen Enthüllungen, mehreren Verhaftungen und Verurteilungen gekommen.

So sollen auch der letzte Präsident Perus, Ollanta Humala, drei Millionen US-Dollar Bestechungsgelder angenommen haben, die er zur Finanzierung seiner Wahlkampagne nutze. In Panama laufen derzeit Ermittlungen gegen 17 Politiker und Funktionäre, darunter auch gegen beide Söhne des ehemaligen panamaischen Staatsoberhauptes Ricardo Martinelli. In Kolumbien wurde der Ex-Vizeminister des Verkehrsministeriums, Gabriel García Morales, bereits verurteilt.

Als die brasilianischen Behörden 2014 begannen aufgrund von Korruption gegen den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobas zu ermitteln, war schnell klar, dass es sich um einen der größten Skandale handelte, den es in Brasilien jemals gegeben hatte. Keine der etablierten Parteien des Landes kann von sich behaupten, eine weiße Weste zu haben. Nun wird allerdings deutlich, dass Petrobas und die Verstrickungen zur brasilianischen Politik nur die Spitze des Eisberges gewesen sind. Im Zuge der Ermittlungen wurde aufgedeckt, dass auch zahlreiche Firmen aus anderen Sektoren Teil des ausgeklügelten Bestechungssystems gewesen sind. Am meisten involviert ist die Baufirma Odebrecht.

Vor dem Hintergrund einer bedrückenden Beweislast wurde der damalige Firmenchef Marcelo Odebrecht im Juni 2015 festgenommen und schließlich zu mehr als 19 Jahren Haft verurteilt. Als sich die Firma daraufhin zur Kooperation entschied und sich mit Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe einverstanden erklärte, wurde nach und nach deutlich, dass hier Korruption in einem selten da gewesenen Ausmaß betrieben wurde.

Bestechung als Geschäftsmodell

Bisher geben die ermittelnden Behörden nicht allzu viele Details bekannt, aber es steht fest, das die Bestechung ein fester Bestandteil des alltäglichen Geschäfts der Firma Odebrecht gewesen ist. Es soll sogar eine eigene Abteilung ausschließlich dafür gegeben haben. Das Unternehmen räumte bisher Zahlungen von insgesamt 800 Millionen US-Dollar ein, um an lukrative Aufträge zu kommen. Es gibt kaum eine öffentliche Vergabe, die Odebrecht nicht durch Zahlungen von Schmiergeldern erlangt hat.

Mitte Dezember 2016 veröffentlichte das Presse-Konsortium GDA einen Bericht, aus dem hervorgeht, dass die Firma in zehn lateinamerikanischen Ländern Schmiergelder an Politiker, Parteien und Funktionäre gezahlt hat. Das gilt für: Brasilien, Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Peru, Ecuador, Guatemala, Mexiko, Dominikanische Republik und Panama. Außerdem konnte der Firma auch Bestechung in Angola und Mozambique nachgewiesen werden. Die größten Summen wurden nach Angaben des US-Amerikanischen Justizministeriums zwischen 2003 und 2016 in Brasilien gezahlt 350 Millionen US-Dollar. In Venezuela waren es zwischen 2003 und 2015 rund 100 Millionen. Dagegen scheinen die Beträge in den anderen Staaten gering, dennoch liegt die Summe in Kolumbien und Mexiko, die am wenigsten involvierten Länder, immer noch bei 20 Millionen US-Dollar.

Nach Bekanntwerden dieser Fakten wurden zahlreiche Großprojekte, die größtenteils mit öffentlichen Geldern finanziert wurden, vorerst auf Eis gelegt. So wurde der Bau der Metro in Caracas ebenso gestoppt wie die Erweiterung des Straßennetzes in der Dominikanischen Republik. Da Odebrecht weltweit in 27 Ländern tätig ist, liegt die Vermutung nahe, dass die tatsächliche Liste der eingebunden Länder noch höher ist.

Welche Auswirkungen die endgültigen Ermittlungsergebnisse tatsächlich haben werden, lässt sich bisher nur erahnen. Immer wieder fallen im Zusammenhang mit weiteren Verdächtigen auch die Namen des amtierenden brasilianischen Präsidenten Michel Temer sowie seiner beiden Vorgänger Dilma Rousseff und Luis Inácio Lula Da Silva. Noch stehen die Aussagen einiger bedeutender Direktionsmitglieder von Odebrecht aus. Fest steht aber schon jetzt, dass die endgültige Aufklärung die politische Elite Lateinamerikas erschüttern wird.

Autorin: Anna-Maria Jeske, Foto: San Francisco Foghorn,CC BY 4.0 (Zuschnitt).

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