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Venezuela |

Korruptionsvorwürfe gegen Oppositionspolitiker

Einige der Anklagen der Opposition gegen die Regierung Nicolás Maduro in Venezuela lauten: Korruption, Veruntreuung, Bereicherung. Nun sehen sich die Regierungsgegner denselben Vorwürfen ausgesetzt. Für den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó kommt der Skandal zur Unzeit.

Die Opposition ist zerstritten, für Juan Guaidó wird die Luft dünner. Foto: Juan GuaidóJonas Pereira/Agência SenadoCC BY 4.0, Zuschnitt

Es geht gleich um mehrere Fälle. Neun Abgeordnete der von der Opposition dominierten Nationalversammlung sollen in einen Bestechungsfall verwickelt sein. Das enthüllten regierungskritische Journalisten der venezolanischen Investgativplattform armando.info. Demnach hätten die Abgeordneten sich kaufen lassen, um für einen in einen Korruptionsskandal um die sogenannten Cajas CLAP (Comités Locales de Abastecimiento y Producción) verwickelten Unternehmer einzutreten. Die Cajas CLAP sind Kartons mit Grundnahrungsmitteln wie Reis, Pasta, Thunfisch, Speiseöl, usw., die in der Regel von Mitgliedern der Regierungspartei PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuela) verteilt werden. Nach Schätzungen beziehen mindestens 30 Prozent der Venezolaner die Caja CLAP. 

Bei den Beschuldigten handelt es sich um Angehörige der Oppositionsparteien Primero Justicia, Voluntad Popular (der Partei, der auch Guaidó angehört), Un Nuevo Tiempo und Avanzada Progresista. Die Mehrzahl von ihnen sind Mitglieder der Kontrollkomission des Parlaments, die die einzige regierungsunabhängige Antikorruptionsinstanz des Landes ist. Das Parlament, die so genannte Nationalversammlung, wird von der Opposition dominiert, wurde aber durch die Einrichtung einer Verfassungsgebenden Versammlung seitens Regierung praktisch ausgehebelt.

Veruntreuung im Geschäft mit den CLAP-Lebensmittelkartons

Nach Recherchen von armando.info traf die Gruppe formelle Vorkehrungen zur Verteidigung des kolumbianischen Unternehmers Carlos Lizcano. So wurden Schreiben an die Staatsanwaltschaft in Kolumbien und das US-Finanzministerium verfasst, mit dem Ziel, dass die Ermittlungen gegen Lizcano eingestellt würden. Dessen Unternehmen Salva Foods ist in die Verteilung der Cajas CLAP involviert. Im Mai 2018 war ein Skandal um die Lebensmittelkartons ans Licht gekommen. Die beiden kolumbianischen Geschäftsleute Alex Nain Saab Morán und Álvaro Enrique Pulido Vargas sollen von Millionenverträgen mit der Regierung Maduro profitiert und dabei hohe Summen veruntreut haben. Dafür wurden sie Ende Juli vom US-Justizministerium sanktioniert. Sie sollen bei illegalen Geschäften als Strohmänner für Maduro agiert haben. Die US-Justiz wirft ihnen zudem Geldwäsche vor. Lizcano wiederum arbeitete für Saab und Pulido.

Venezuelas selbsternannter Interimspräsident Juan Guaidó kündigte noch am Sonntag, 1. Dezember 2019, nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit versteinerter Miene die Suspendierung der betroffenen Abgeordneten und eine unabhängige Untersuchung an. „Wir werden nicht erlauben, dass die Korruption das zerstört, was wir so mühsam aufgebaut haben“, so Guaidó, der von mehr als fünfzig, vor allem westlichen Staaten als Präsident Venezuelas anerkannt wird, ohne jedoch über reale Macht im Land zu verfügen.

Ehemaliger Botschafter enthüllt weiteren Korruptionsfall

Die Enthüllungen jedoch sind nicht Guaidós einziges Probleme. Anfang der Woche hatte er seinen bisherigen Verbündeten, den früheren Außen- und Energieminister Venezuelas, Humberto Calderón Berti, von seinem Posten als „Botschafter“ in Kolumbien enthoben. Calderón hatte daraufhin Vertreter der Opposition beschuldigt, für die Entsendung „humanitärer Hilfe“ am 23. Februar dieses Jahres bestimmte Gelder veruntreut zu haben – u.a. für Prostituierte und Alkohol. „Die kolumbianischen Behörden haben mich gewarnt und mir Dokumente gezeigt, in denen von Prostituierten, Alkohol und unpassenden Dingen die Rede war“, sagte Calderón Berti auf einer Pressekonferenz am vergangenen Samstag in Bogotá, ohne jedoch Namen zu nennen.

Der Fall wird in Kolumbien bereits seit Längerem untersucht und hat dort harsche Kritik an Guaidó und dessen Mentor Leopoldo Lopez (Voluntad Popular) hervorgerufen. Zudem war Guaidó beim versteckten Grenzübertritt von Venezuela nach Kolumbien mit Paramilitärs fotografiert worden und hatte dafür nur eine unzureichnede Erklärung liefern können.

Das Vertrauen in Guaidó bröckelt. In den vergangenen Tagen haben sich die Korruptionsfälle zu einem immer größer werdenden Problem für ihn entwickelt. Die Vorwürfe kommen in einem denkbar ungünstigen Moment: Immer mehr werden die Zerwürfnisse innerhalb der Opposition sichtbar. Guaidó versucht zudem seit einigen Wochen, die Massenproteste gegen Nicolás Maduro wiederzubeleben – mit äußerst bescheidendem Erfolg.

Die Opposition zerfleischt sich selbst

Wie groß der Schaden für die ohnehin angeschlagene Opposition ist, wird sich zeigen. Die nun ans Licht kommenden Korruptionsfälle stellen aber Guaidó Führungsanspruch innerhalb des Oppositionslagers infrage. Und das kurz vor der Parlamentssitzung am 5. Januar, in der Guaidó hofft, als Parlamentspräsident für den Rest der Legislaturperiode bestätigt zu werden. Im Laufe des kommenden Jahres soll die Nationalversammlung dann neugewählt werden.

Während Yon Goicoechea von Guaidós Partei Voluntad Popular am Montag, 2. Dezember 2019, gegenüber der Presse in Caracas erklärte, Beweise zu haben, dass die Regierung Maduro Abgeordneten bis zu einer Million US-Dollar biete, wenn sie am 5. Januar gegen Guaidós Wiederwahl zum Parlamentspräsidenten stimmten, nannte der oppositionelle Abgeordnete José Brito (Primero Justicia), einer der Korruption Beschuldigten, Guaidó einen „Betrüger“. Er warf ihm vor, einen „schmutzigen Krieg“ angezettelt zu haben, um die „Rebellion“ gegen ihn in der Nationalversammlung abzuwürgen. „Juan Guaidó und Nicolás Maduro sind Kumpane“, so Brito.

Maduro hat sich bisher nicht zu den Korruptionsvorwürfen gegen die Opposition geäußert. Er dürfte aber genüsslich beobachten, wie sich die Opposition zunehmend selbst zerfleischt.

Autor: Andreas Knobloch

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