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Kolumbien, das gefährlichste Land der Welt für Umweltschützer

Umweltschützer in Kolumbien geraten immer häufiger ins Visier der Drogenmafia oder Paramilitärs. Im Jahr 2019 wurden laut der NGO "Global Witness" in Kolumbien 64 Aktivisten getötet. Weit mehr als in jedem anderen Land der Erde.

In der Páramo-Steppenlandschaft von Tolima in Kolumbien wurde der Umweltschützer Aldario Arenas Salinas ermordet. Foto: Pixabay/ zasilvape

An einem kalten Abend im November, als Carlos Aldario Arenas Salinas gerade zwei Freunde zu Besuch hatte, drangen zwei maskierte und bewaffnete Männer in seine Hütte in der Steppenlandschaft der Andenhochebene ein und zwangen ihn mitzukommen. Am darauffolgenden Tag fanden seine Freunde Arenas Salinas einige Kilometer entfernt mit einer Schusswunde im Kopf auf. Sein Tod sorgte in seinem Heimatland Kolumbien für viel Aufsehen.

Ermittler gehen laut Informationen des kolumbianischen Nachrichtenmagazins "Semana" mittlerweile davon aus, dass Dissidenten der Farc hinter dem Mord stecken könnten. Der 44-jährige Arenas Salinas, der sich für einen ökologischen Tourismus und den Schutz der Natur in seiner Heimat Tolima einsetzte, war jedoch nur einer der 64 Umweltaktivisten, die in Kolumbien im Jahr 2019 ermordet wurden.

Laut dem am Mittwoch veröffentlichen Bericht der globalen Nichtregierungsorganisation "Global Witness" war Kolumbien im vergangenen Jahr das Land mit den meisten Morden an Umweltaktivisten weltweit. Dahinter lagen die Philippinen (43), Brasilien (24), Mexiko (18) und Honduras (14). Im Vergleich zu den 24 Morden im Jahr 2018 ist die Gewalt in Kolumbien noch einmal um 150 Prozent angestiegen. Somit war 2019 das blutigste Jahr für Umweltaktivisten, das die Organisation bisher in dem südamerikanischen Land aufgezeichnet hat. 

Versäumnisse nach dem Friedensvertrag und Straflosigkeit

Besonders indigene Aktivsten gerieten laut dem Bericht häufig ins Visier von Mördern und bewaffneten Gruppen: Sie machen rund die Hälfte aller ermordeten Umweltaktivisten im Jahr 2019 aus, obwohl sie nur 4,4 Prozent der Bevölkerung Kolumbiens repräsentieren. Die Macher der Studie sehen einen zentralen Grund für die Eskalation der Gewalt in den Versäumnissen nach dem Friedensvertrag, der im Jahr 2015 zwischen der Farc-Guerilla und der Regierung Kolumbiens geschlossen wurde. Das Vakuum, das die Gurilla-Kämpfer bei ihrem Abzug in manchen Regionen hinterlassen haben, füllen nun andere kriminelle Banden, wie Paramilitärs oder Drogenschmuggler. Sie sind für einen Großteil der Morde verantwortlich und gehen meistens mit äußerster Skrupellosigkeit und Brutalität gegen jeden vor, der sich ihren Interessen in den Weg stellt. 

Besonders schlimm ist die Situation in der ländlichen Region des Departments Cauca, in dem alleine mehr als ein Drittel aller Morde verübt wurden. Häufig geraten Umweltaktivisten dort zwischen die Fronten von Drogenbanden oder den Interessen von Großkonzernen, die das Land nutzbar machen wollen. „Unsere Rechte als Minderheit, als kollektive Landbesitzer werden in Kolumbien immer wieder ignoriert. Wir sprechen schon länger von einem drohenden Genozid an den indigenen Völkern", sagte Jhoe Sauca, ein indigener Aktivist aus dem Cauca, kürzlich gegenüber Blickpunkt Lateinamerika. Auch er wird wegen seiner Arbeit bedroht.  

Ein Problem ist, dass der kolumbianische Staat den Aktivisten in abgelegenen Regionen kaum Schutz bieten kann oder will. In vielen Regionen Kolumbiens sind Sicherheitskräfte kaum präsent, die Aufklärung der Fälle verläuft extrem schleppend, rund 89 Prozent aller Mordfälle blieben laut dem Bericht von Global Witness bisher ungestraft.

Immer mehr Frauen werden bedroht und getötet

Das Fehlen des staatlichen Schutzes hat auch Angélica Ortiz zu spüren bekommen, die für die Rechte des indigenen Volks der Wayuu in der Guajira-Region im Norden Kolumbiens kämpft. Seit sie sich gegen die Steinkohlemine "El Cerrejón" stellt, die mit ihrem Kohlestaub die Luft in ihrer Region verschmutzt,  wird sie von Paramilitärs bedroht. Sie meint: "Mit dem Friedensabkommen läuft nicht alles gut. Es gibt ein Missverständnis, dass das Ende der Farc-Rebellen die Gewalt beenden würde - aber wir sehen, dass die Gewalt zunimmt." Ihre Hilferufe an die Sicherheitskräfte des Staats seien bisher ungehört geblieben, sagt sie in dem Bericht von Global Witness. Laut der Studie  werden Aktivistinnen, wie sie, immer häufiger Opfer von Gewalt und Morden. Seit 2018 hat die Organisationen einen Anstieg um rund 50 Prozent verzeichnet. 

In den vergangenen Jahren gingen immer wieder Menschen in Kolumbien auf die Straße, um mehr Schutz für Aktivsten vom Staat zu fordern. Seit Abschluss des Friedensvertrags sind in Kolumbien mehr als 400 Aktivisten getötet worden. Kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2018 hatte Präsident Iván Duque einen Maßnahmenkatalog angekündigt, der den Aktivisten in Kolumbien einen besseren Schutz bieten sollte: "Alle Kolumbianer, absolut alle von uns, müssen jede Form von Gewalt in unserem Land ablehnen. Es ist inakzeptabel, dass in Kolumbien weiterhin soziale Anführer, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten Gewalt, Bedrohung und Beschimpfungen ausgesetzt sind", sagte Duque damals und fügte an: "Wir wollen bei diesen Taten keine Straflosigkeit und wir wollen in richtiger Weise an deren Prävention arbeiten." Doch die Zahlen von Global Witness sprechen eine andere Sprache. Und es sieht so aus, als würde sich die Situation für Aktivisten auch in diesem Jahr nicht bessern. Allein zwischen März und Juli sind Schätzungen zufolge mehr als 30 Aktivisten ermordet worden ­– die Coronakrise hat die Situation vieler Aktivisten noch verschlimmert. 

Autor: Julian Limmer 

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