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Mexiko |

Kandidat allein gegen den Staatsapparat

Zentraler Platz "Zocalo" in Mexiko-City. Foto: Adveniat/Matthias Hoch
Zentraler Platz "Zocalo" in Mexiko-City. Foto: Adveniat/Matthias Hoch

Auf einer extra einberufenen Pressekonferenz in Mexiko-Stadt warf der Kandidat der Partei Nationale Aktion (PAN) dem Präsidenten den „parteiischen und illegalen Gebrauch staatlicher Institutionen, wie der Generalstaatsanwaltschaft (PGR)“ vor.

„Das sind Institutionen, die im Dienst der Republik stehen sollten und nicht der PRI (Partei der Institutionalisierten Revolution)“, so Anaya, der für eine ungewöhnliche Wahlkoalition aus rechts-katholischer PAN und den sozialdemokratischen Formationen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) und Bürgerbewegung (MC) ins Rennen geht. „Es ist eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie: Heute richtet es sich gegen mich, morgen kann es gegen einen anderen Kandidaten oder gegen einen Bürger sein, der sich dem Regime widersetzt. Und das dürfen wir nicht zulassen.“ Der 39-jährige Anaya liegt in allen Wahlumfragen auf Platz Zwei, hinter Andre?s Manuel Lo?pez Obrador, kurz AMLO, von der linken Partei Nationale Erneuerungsbewegung (Morena), aber noch vor dem Kandidaten der PRI, dem früheren Finanzminister José Antonio Meade. Diesen hatte Anaya wiederholt für die Korruption der PRI verantwortlich gemacht.

Vorwurf der Geldwäsche gegen Anaya

Der Gegenschlag aber ließ nicht lange auf sich warten. Die mexikanische Staatsanwaltschaft stampfte eine umfangreiche Geldwäsche-Untersuchung aus dem Boden; auch Anaya soll zu den Begünstigten zählen. Es geht um den Verkauf eines Industriegebäudes seiner Familie in seinem Heimatort Querétaro für 54 Millionen Mexikanische Pesos (rund 2,3 Millionen Euro). Dabei sind mutmaßlich Gelder eines Geldwäschenetzwerkes geflossen, das von dem Unternehmer Manuel Barreiro orchestriert wurde, mit dem Anaya in Verbindung gebracht wird. Barreiro hat sich nach Beginn der Ermittlungen Ende Oktober 2017 nach Kanada abgesetzt. Ende Februar war bekannt geworden, dass auch gegen Anaya ermittelt wird. Manch einer in Mexiko fragt sich, warum die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit nicht ähnlich konsequent gegen mit der Regierung verbandelte, korrupte Pemex-Funktionäre und PRI-Gouverneure vorgegangen ist?

Präsidentschaftskandidat verstrickt sich in Widersprüche

Auch wenn Anaya die Anschuldigungen als „schmutzigen Krieg“ der PRI gegen ihn darstellt, ist er keineswegs die Unschuld vom Lande, als die er zu erscheinen versucht. Was seine Beziehung zu Barreiro angeht, hat er sich mehrfach widersprochen. Zunächst behauptete Anaya, er würde Barreiro nur zufällig kennen; bis Aufnahmen auftauchten, die Anaya auf Barreiros Hochzeit zeigen. Er sei von Dritten eingeladen worden, so Anaya. Doch gibt es Anzeichen, dass die beiden und ihre Familien enger verbandelt sind, als Anaya glauben machen will. Kurz nachdem die mutmaßliche Verwicklung Anayas in den Geldwäsche-Skandal publik wurde, veröffentlichte die PGR ein Video, in dem Anaya sich weigert auszusagen und indirekt einen Beamten beleidigt. Mitte Februar hatte Anaya bereits über Verfolgung durch den Geheimdienst geklagt, wofür dieser nur dürftige Rechtfertigungen lieferte.

Intellektuelle beklagen Erosion staatlicher Institutionen

Vor allem die Verbreitung der Videoaufnahmen hat dazu geführt, dass viele Mexikaner an einen „schmutzigen Krieges“ der PRI gegen Anaya glauben. Der Ex-Präsident der PRD, Agustín Basave, sagte gegenüber der Wochenzeitung Proceso, er habe keine Zweifel, dass es „eine Weisung des Präsidenten gibt, die alle Ebenen des Staatsapparats durchdringt, um Anaya zu zermalmen und ihn aus der Abstimmung zu entfernen.“ Fast 60 Intellektuelle unterschiedlicher politischer Zugehörigkeit warfen Peña Nieto in einem offenen Brief die „mangelnde Autonomie“ der Staatsanwaltschaft zur „Schädigung“ des Oppositionskandidaten vor. Dies führe zu einer weiteren Erosion staatlicher Institutionen. „Wenn es Beweise für die Verantwortung von Anaya gibt, fordern wir die Behörden auf, entsprechend vorzugehen. Andernfalls stellt die Verwendung des Generalstaatsanwaltschaft zur Verfolgung eines Oppositionsführers Mexiko mit autoritär regierten Ländern oder dysfunktionalen Demokratien auf eine Stufe. Die Entscheidung darüber, wer der nächste Präsident sein wird, steht ausschließlich den mexikanischen Bürgern zu.“

Anaya: Regierungspartei will von eigenen Korruptionsvorwürfen ablenken

Das Verhalten der PGR macht es Anaya leicht, sich als Opfer darzustellen. Auf die Korruptionsvorwürfe antwortet er mit Attacken gegen Pen?a Nieto. Das dürfte auch der Versuch sein, das Anti-PRI-Wählerpotential abzuschöpfen. Pen?a Nieto und seine Partei haben historisch schlechte Zustimmungswerte. Anaya erklärte gegenüber der Presse, die Grund für die Angriffe gegen ihn sei seine „Verpflichtung, den Pakt der Straflosigkeit zu brechen und die Korruption zu bestrafen“. Er erinnerte an die zahlreichen Korruptionsvorwürfe, die gegen die aktuelle Administration im Raum stehen, und versprach, eine Wahrheitskommission einzurichten, um die Anschuldigungen aufzuklären. „Herr Präsident, ich sage Ihnen mit Respekt, Gelassenheit und Unerschütterlichkeit: So nicht. Nehmen Sie die Hände vom Wahlprozess und lassen Sie das mexikanische Volk in völliger Freiheit entscheiden“, schloss Anaya seine Ausführungen.

Kandidat López Obrador: Thema für einen Kriminalroman

Das mexikanische Volk scheint aber derzeit weder ihn noch den PRI-Kandidaten Meade zu präferieren. In aktuellen Umfragen verloren beide einige Prozwntpunkte, während López Obrador weiter zulegen konnte. Dieser inszeniert sich geschickt als Verteidiger nationaler Interessen gegen die „Mafia an der Macht“, womit er die Kaste um den aktuellen Präsidenten Peña Nieto und dessen neoliberale Reformpolitik meint. Bei einem Auftritt am Dienstag, 6. März 2018, in Guadalajara forderte Anaya auf, die Motive seines Streits mit Peña Nieto zu erklären, habe er sich doch früher mit ihm „heimlich“ getroffen. „Wie kommt es, dass Anaya, der Peña Nieto sehr nahe stand, plötzlich erklärt, er werde ihn ins Gefängnis stecken? Was ist passiert? Das ist ein Thema, um einen Kriminalroman darüber zu schreiben.“

Autor: Andreas Knobloch

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