Justiz macht Weg für Lulas Verhaftung frei
Brasiliens Oberster Justizgerichtshof (STJ) hat am Dienstag, 06. März 2018, mit 5 zu 0 Stimmen einen Antrag von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva abgelehnt. Der Antrag hätte Lula zugesichert auch nach dem Urteil der Zweiten Instanz auf freiem Fuß bleiben zu können. Lula war im Januar von einem Berufungsgericht wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden.
Im Juli 2017 hatte Bundesrichter Sérgio Moro bereits den Ex-Präsidenten in erster Instanz zu neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er soll von einem Baukonzern als Dank für Bevorteilungen ein Luxus-Apartment erhalten haben. Das Berufungsgericht in Porto Alegre hatte das Urteil am 24. Januar nicht nur bestätigt, sondern die Haftstrafe sogar erhöht.
Zweite Instanz noch nicht rechtskräftig
Noch ist das zweitinstanzliche Urteil jedoch nicht rechtskräftig, da das Gericht noch von Lula vorgebrachte Einsprüche beantworten muss. Mit der Veröffentlichung des Urteils, das dieses rechtskräftig macht, wird Ende März oder Anfang April gerechnet. Ab dann kann die Justiz den sofortigen Haftantritt des Ex-Präsidenten beantragen.
Lulas Verteidigung hatte vorgebracht, dass bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel die Unschuldsvermutung gelten müsse. Noch kann der ehemalige Präsident (2003 bis 2010) vor dem Obersten Gerichtshof (STF) in Berufung gehen. Erst dann wären alle Rechtsmittel ausgeschöpft. Allerdings hatte das STF Ende Oktober ein Grundsatzurteil getroffen, dass den Haftantritt bereits nach einer Verurteilung in zweiter Instanz erlaubt.
Antrag hätte garantiert auf freiem Fuß zu bleiben
Ein Habeas Corpus würde Lula garantieren, bis zu dem endgültigen Urteilsspruch des STF auf freiem Fuß zu bleiben. Dieser sei jedoch nicht präventiv zu erteilen, also noch bevor das zweitinstanzliche Urteil überhaupt rechtsgültig sei, so die Begründung der Richter des STJ.
Noch stehen fünf weitere Prozesse gegen Lula an. Obwohl Lula auch hier seine Unschuld beteuert, drohen ihm weitere hohe Haftstrafen. Seine einzige Chance, der Haft zu entgehen, wäre wohl ein Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober. Als Präsident würde er Immunität und damit Straffreiheit genießen.
Zwar führt Lula nach neuesten Umfragen deutlich vor allen anderen Kandidaten. Dass er bei den Wahlen aber überhaupt antreten kann, ist unwahrscheinlich. Dem steht das seit 2010 gültige Gesetz „Ficha Limpa“ (Saubere Westen) im Wege, das in zweiter Instanz verurteilten Politikern eine Kandidatur untersagt. Lula hofft jedoch, von Grauzonen in der Auslegung profitieren zu können.
Kandidatur unwahrscheinlich
Bis zum 15. August muss Lula seine Kandidatur bei Obersten Wahlgericht (TSE) beantragen. Er könnte dies wohl sogar dann, wenn er bereits in Haft sitzt, glauben Experten. Das TSE hat dann einen Monat Zeit, über Lulas Zulassung zu den Wahlen zu entscheiden. Zwar gilt die Ablehnung der Kandidatur auf Basis des „Ficha Limpa" Gesetzes als sicher. Jedoch könnte Lula dann noch versuchen, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, die ihm eine Teilnahme unter juristischem Vorbehalt an den Wahlen erlaubt.
Lula hält die Prozesse gegen ihn für politisch motiviert. Seine Gegner würden mit allen Mitteln versuchen, seine Wiederwahl zum Staatsoberhaupt zu verhindern. Unter dem Slogan „Eine Wahl ohne Lula ist Betrug“ laufen bereits landesweit Kampagnen zur Unterstützung Lulas. Ende März will er eine Wahlkampftour durch Südbrasilien starten.
Seine Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) arbeitet jedoch bereits an einem Plan B. So könnte Fernando Haddad, der ehemalige Bürgermeister von São Paulo, für Lula einspringen. Fraglich bleibt, ob es Lula gelingen würde, seine Wähler davon zu überzeugen, Haddad ihre Stimme zu geben. Bei den Wahlen 2010 und 2014 war es Lula geglückt, seine politische Ziehtochter Dilma Rousseff ins Präsidentenamt zu hieven.
Autor: Thomas Milz