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Mexiko |

Journalismus aus indigener Perspektive

Ein Video von José Alfredo Jiménez mahnt an die 45 Opfer des Massakers von Acteal. Der 34-jährige Journalist vom indigenen Volk der Tsotsil möchte mit seiner Arbeit Kultur, Sprache und Identität seines Volkes stärken.

„Ich bin als „Comunicador comunitario“, als Medienarbeiter für die Gemeinde, und nicht als individueller Film- oder Videoproduzent tätig.“ Der 34-jährige Journalist vom indigenen Volk der Tsotsil, Jose Alfredo Jiménez, möchte zunächst etwas klarstellen: „Es gibt einen Unterschied zwischen mir und einem Journalisten, dem der Chefredakteur sagt: Mach mal etwas über dieses Thema! Außerdem mache ich meine Arbeit nicht, um sie für Geld zu verkaufen. Ein Gemeindejournalist muss immer schauen, welche Themen in der Gemeinde gerade Priorität haben, wie die politische Situation ist. Dementsprechend mache ich meine Vorschläge und die Leitung sagt dann vielleicht: Ja, wir sind einverstanden, denn wir halten das, was du vorschlägst, gerade auch für sehr wichtig.“

Die Entscheidung, ob es einen Film zum Massaker von Acteal geben wird, wurde auch auf diese Weise gefällt. Am 22. Dezember 1997 waren in Acteal 45 Tsotsil-Indigene umgebracht worden. Bis heute wurde niemand für diese Gräueltat verurteilt. Die Opfer der im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas gelegenen indigenen Gemeinde gehörten der pazifistischen Organisation „Las Abejas" („die Bienen“) an. „So wollten wir auch sein: Miteinander arbeiten, gut organisiert sein und etwas sehr Schönes hervorbringen, so, wie Bienen den Honig erzeugen. Und wir wollten uns solidarisch verteidigen, wie die Bienen.“ So erklärt der Filmemacher die Metapher des Namens der 1992 gegründeten pazifistischen Organisation. „Las Abejas“ stehen zwar den Zapatisten nahe, den bewaffneten Kampf lehnen sie jedoch bis heute ab.

Zum zehnten Jahrestag des Massakers war der Dokumentarfilm von Jose Alfredo Jiménez fertig und wurde bei den Gedenkfeiern uraufgeführt. „Zunächst sollten die Überlebenden des Massakers, die ja auch die Protagonisten des Films sind, ihn sehen und ihre Meinung dazu sagen können“, erzählt er. Danach wird der Film in verschiedenen Städten Mexikos und auf internationalen Festivals gezeigt.

Jiménez spürt Ende des Jahres 2002, dass er unbedingt indigener Journalist werden will. Er besucht daraufhin bei alternativen Medien Workshops zu Pressearbeit. Schon 2003 erscheint in Acteal ein gedruckter Newsletter für „Las Abejas“. Doch er und seine Kollegen merken schnell: Gedrucktes ist nicht das richtige Medium für die Tsotsil, weil es bei ihnen keine Lesekultur gibt. Das Interesse, vor allem der Jugendlichen und Kinder, gilt den audiovisuellen Medien. Egal was läuft: Sie hocken stundenlang vor den Geräten.

„Ich dachte: Da muss man doch was machen, damit sie nicht nur Dinge sehen, die überhaupt nichts mit ihrer eigenen Kultur zu tun haben. Mein Traum war es, Videos und Fernsehprogramme zu machen, die auch Wissen vermitteln und mit deren Hilfe die Menschen – und vor allem die Jugendlichen – die Kultur, die Sprache und die Identität unserer Tsotsil-Kultur wieder mehr schätzen lernen und pflegen. Deshalb begann er sich ab 2005 erneut weiterzubilden, dieses Mal im Bereich Video.

Es sei eine große Errungenschaft, dass Indigene sich die Medien aneigneten, so Jiménez. „Ein Indigener, der Videos über die Belange und Bedürfnisse seines Volkes dreht, kann etwas sehr Authentisches produzieren, denn er kennt die Kultur, spricht die Sprache, weiß unglaublich viel über das Volk. Es ist „alles“ enthalten. Damit will ich nicht sagen, dass Indigene professionellere Videos machen könnten. Aber wenn andere Filme über Indigene machen, ist dieser Reichtum an Kenntnissen nicht vorhanden, deshalb kann nicht alles enthalten sein. Das soll aber nicht heißen, dass gemeinsame Arbeiten zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen nicht auch gemacht werden können.“

Jiménez ist für dieses Jahr zum Leiter von "Las Abejas" gewählt worden. Im kommenden Jahr will er seine journalistische Arbeit fortsetzen, am liebsten mit fiktionalen Geschichten über Märchen und Erzählungen der Tsotsil. „…und klar, hängt alles von der Entscheidung der Gemeindeautoritäten ab. Aber, wenn man mit Spaß, Überzeugung und Leidenschaft bei der Sache ist, warum dann nicht die Träume Realität werden lassen?“

Autorin: Bettina Hoyer

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