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Kolumbien |

Interview: "Wir werden systematisch bedroht"

Cauca ist Kolumbiens gefährlichster Verwaltungsbezirk. Soziale und politische Aktivistinnen und Aktivisten leben dort überaus gefährlich, berichtet Juan Carlos Guampe. Er gehört dem Volk der Kokonuko an und arbeitet für die indigene Genossenschaft CENCOIC, die zum Dachverband CRIC gehört. Auch er wird bedroht.

Lateinamerika Kolumbien Kaffee Friedensprozess Cauca

Juan Carlos Guampe der indigenen Produktionsgenossenschaft CENCOIC im September 2019 in Hamburg. Foto: Knut Henkel

Juan Carlos Guampe (40) leitet die Genossenschaft CENCOIC. Diese vertreibt Kaffee und andere Produkte von indigenen Produzenten.
 
Blickpunkt Lateinamerika: Im Cauca war der blutige Konflikt teil des Alltags der Menschen, bevor die Regierung und die Farc-Guerilla das Friedensabkommen geschlossen haben. Wie ist die Situation heute – hat sie sich verbessert?
 
Juan Carlos Guampe: Alle Menschen im Cauca haben große Hoffnungen in das Friedensabkommen zwischen der Regierung und der Farc gesetzt; sie haben gehofft, dass es ein gutes Abkommen ist, das die Versöhnung ermöglicht. Ein Element dabei war die Landvergabe und die Initiierung von Entwicklungsprojekten im Agrarbereich. Mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Iván Duque haben sich die politischen Parameter allerdings verschoben. Die Ultrarechte unter der Regie von Iván Duque erschwert, ja verunmöglicht den Friedensprozess in Kolumbien. Das hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Situation im Cauca heute ausgesprochen schwierig ist. 
 
Was heißt das – gibt es neue bewaffnete Akteure?
 
Die Strategie des Dialogs ist Geschichte, wir steuern auf neue Konflikte zu. Ja, es gibt neue bewaffnete Akteure. Dazu gehören die Deserteure der Farc, die neuen Farc-Gruppe und neue bewaffnete paramilitärische Akteure, die im Kontext von Bergbauprojekten agieren, die strategische Regionen unter ihre Kontrolle bringen wollen. Es ist kaum möglich zu analysieren, wer wo und für wen aktiv ist. Die Situation ist unübersichtlich und für die Zivilbevölkerung riskant.

Auch für die indigenen Gemeinden, die rund ein Drittel der Einwohner der Region Cauca stellen?
 
Ja, das betrifft auch die indigenen Gemeinden, die sich organisiert haben und sich für ihre eigene Zukunft engagieren. Vor allem im Norden des Cauca ist die Situation derzeit brisant. Etliche indigene Anführer wurden ermordet, viele werden bedroht. Die Zahlen steigen, obwohl wir offiziell im Frieden leben. Das ist nicht nur im Cauca so. Aber die Region ist auch weiterhin die gefährlichste Kolumbiens – mit den höchsten Mordraten. 
 
Wie reagieren die indigenen Anführer, die Gemeinden?
 
Es herrscht ein Klima der Angst. Indigene Anführer lassen ihren Bastón, ihren Stock, der sie als Autorität ausweist, zuhause, weil er sie identifizierbar macht. Viele werden von bewaffneten Organisationen, vor allem Paramilitärs, bedroht. Sie wurden zu militärischen Zielen erklärt – auch Frauen. 
 
Wer ist für die Gewalt verantwortlich – die Paramilitärs? Es gibt auch Gerüchte, dass das mexikanische Sinaloa-Kartell im Cauca präsent ist.
 
Ja, das ist eine Realität. Wir sind davon überzeugt, denn sie dringen in unsere Gemeinden ein. Dabei geht es um Routen für den Drogenhandel, Verbindungslinien von den Bergen der Cordillera, wo Marihuana angebaut wird, zum Hafen von Buenaventura. 
 
Früher gab es wenige Angriffe auf Frauen – hat sich das geändert?
 

Ja, auch unsere Anführerinnen sind zum militärischen Ziel geworden. Die Bedrohung ist generell vorhanden und es wird kein Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht. In meinem Bezirk Guarapamba ist die lokale Präsidentin massiv bedroht worden – sie wurde dann von den staatlichen Institutionen geschützt. Aber das ändert nichts an der Grundkonstellation. Wir werden systematisch bedroht.

Interview: Knut Henkel

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