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Im Kampf gegen die Kriminalität setzt AMLO aufs Militär

Drogenkrieg: Ein bei einer Auseinandersetzung zwischen Kartellmitgliedern und der Polizei zerbombter Lkw in Michoacán, Mexiko. Foto (Archivbild): Adveniat/Nicola van Bonn
Drogenkrieg: Ein bei einer Auseinandersetzung zwischen Kartellmitgliedern und der Polizei zerbombter Lkw in Michoacán, Mexiko. Foto (Archivbild): Adveniat/Nicola van Bonn

López Obrador war nicht zuletzt deshalb mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt worden, weil die Menschen von ihm neue Ansätze zur Lösung der Gewaltfrage angesichts eskalierender Mordrate mit 31.000 Toten allein im vergangenen Jahr und weit verbreiteter Straflosigkeit erwarten. Doch wie unter den Vorgängerregierungen behält auch unter ihm die Armee ihr fundamentales Gewicht im Kampf gegen die Drogenkartelle. Die Sicherheitsstrategie der neuen Regierung vertieft die Militarisierung des Landes sogar noch.

Während des Wahlkampfes hatte López Obrador angekündigt, die Streitkräfte nach und nach in die Kasernen zurück zu schicken und dafür viel Applaus erhalten. Nach dem Wahlsieg aber musste er zugeben, dass Mexikos schlecht ausgebildete, unterbezahlte Polizeikräfte die Bürger nicht ausreichend schützen können und die Armee daher in naher Zukunft weiter auf den Straßen bleiben wird. Er kündigte die Schaffung einer Nationalgarde an. Diese soll bis 2021 120.000 bis 150.000 Einsatzkräfte umfassen und dem Verteidigungsministerium unterstehen. Die Bundespolizei soll zum Teil in ihr aufgehen. Die Nationalgarde sei die beste Option, auch wenn sie ihm nicht zu Hundert Prozent gefalle, sagte López Obrador. „Politik bedeutet immer, sich zwischen Übeln zu entscheiden.“

Schaffung einer Nationalgarde zur Verbrechensbekämpfung

Der Armee sind immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen im Krieg gegen die Drogen vorgeworfen worden. So nahmen die Anzeigen wegen Folter, Mord und „Verschwindenlassen“ stark zu. Gleichzeitg gibt es keine Zahlen, die belegen würden, dass die verstärkte Militärpräsenz die Statistiken zur Verbrechensbekämpfung verbessert hätten. Wohl auch in Richtung möglicher Kritiker sagte López Obrador bei der Vorstellung seines Sicherheitsplanes: „Haben Sie die Gewissheit, dass die Menschenrechte respektiert werden. Ich werde Armee- oder Polizeikräften nie den Befehl geben, das Volk zu unterdrücken.“

Am Donnerstag nur wenige Stunden nach López Obradors Auftritt erklärte das mexikanische Verfassungsgericht das umstrittene Gesetz zur Inneren Sicherheit, das von der Regierung Enrique Peña Nieto Ende vergangenen Jahres im Schnelldurchlauf durch den Kongress gepaukt worden war, als verfassungswidrig (Blickpunkt Lateinamerika berichtete). Das Gesetz hätte die Präsenz der Armee in den Straßen (mit Polizeiaufgaben) verewigt und zur Normalität werden lassen; das widerspreche dem Geist der Verfassung. Auch seien die Aufgaben nicht klar definiert.

Verfassungsreform soll Militäreinsatz erlauben

AMLOs Partei Nationale Erneuerungsbewegung (Morena), die die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hält, kündigte an, am Dienstag, 20.11.2018, eine Initiative zur Verfassungsreform einzubringen, die es dem Militär erlaubt, Polizeiaufgaben zu übernehmen. „Das Gericht hat gesagt, ein Gesetz könne nicht die Natur der Verfassung zur Armee und der Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Sicherheit ändern. Aber was wir hier machen werden ist, die Verfassung so zu reformieren, dass die Streitkräfte über die Nationalgarde in Fragen der öffentlichen Sicherheit eingreifen können“, erklärte Morena-Fraktionschef Mario Delgado gegenüber dem Online-Portal Animal Político.

Ein anderer Punkt des Sicherheitsplans sieht vor, Mexiko in 266 Quadranten unter Kontrolle der Nationalgarde aufzuteilen. Das Ziel: eine bessere Regierungskontrolle über die komplexe Sicherheitslage des Landes, wo die Verantwortung oft in den Händen der einzelnen Bundesstaaten liegt. Auf dieses Weise soll zudem die Ineffizienz und Korruption lokaler Behörden bekämpft werden. Die 266 Regionen sollen nach niedriger, mittlerer und hoher Kriminalität klassifiziert werden; daraus wiederum ergeben sich die bereitzustellenden Ressourcen. Ein ähnliches Konzept hatte López Obrador in seiner Zeit als Bürgermeister von Mexiko-Stadt (2000-2005) angewandt. Fraglich bleibt, ob die Strategie so einfach auf das ganze Land übertragbar ist.

Amnestie nach Vorbild Kolumbiens

Darüber hinaus findet sich die bereits im Wahlkampf polemisch diskutierte Amnestie in dem Sicherheitsplan. Damals hatte López Obrador mit der Idee einer Amnestie für Drogenbosse für Aufregung gesorgt. Scheinbar denkt er über ein ähnliches Modell wie in Kolumbien nach, wo paramilitärische Gruppen mit der Zusicherung von Straffreiheit und Integrationsmaßnahmen zur Abgabe ihrer Waffen bereit waren. Ein etwaiges Amnestiegesetz soll es aber nur mit Zustimmung der Opfer geben.

López Obrador bestand darauf, dass sich „80 Prozent“ seiner Sicherheitsstrategie den Gründen der Gewalt widmeten. „Die Vorgängerregierungen haben das nie getan. Sie haben immer auf eine harte Hand gesetzt. Die Basis unseres Plans ist wie in der Medizin: Prävention.“ Er erinnerte daran, dass seine Regierung umgerechnet fünf Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen werde, um Ausbildung und Schulstipendien für Jugendliche zu finanzieren. Schon einen Schritt weiter ist Mexiko in der Drogenpolitik. Ende Oktober hob das Oberste Gericht das Verbot für den Anbau und Konsum von Marihuana zum persönlichen Gebrauch auf. Der historische Richterspruch ist ein erster Schritt zur Entkriminalisierung und vollständigen Legalisierung weicher Drogen. Dies löst den Kampf gegen die Drogenkartelle zwar nicht, hilft aber, wie die künftige Regierung glaubt.

Autor: Andreas Knobloch

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