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Honduras am „Scheideweg zwischen Demokratie und Diktatur“?

Priester Ismael Moreno Coto vor einer Polizeisperre. Foto: Radio Progreso
Priester Ismael Moreno Coto vor einer Polizeisperre. Foto: Radio Progreso

Nach einer umstrittenen Präsidentschaftswahl gleitet Honduras immer mehr ab ins Chaos.

„Das Land ist polarisiert“, sagt Jesuitenpriester Ismael Moreno von Radio Progreso dem Blickpunkt Lateinamerika. Die Proteste gegen die Wiederwahl des amtierenden Staatschefs, Juan Orlando Hernández von der konservativen Nationalpartei, halten seit über sechs Wochen an. Die Oppositionsallianz hat angekündigt, dessen Amtsantritt am 27. Januar mit einem Generalstreik zu sabotieren. Insgesamt 30 Menschen kamen seit der Wahl Ende November bei gewaltsam niedergeschlagenen Protesten ums Leben, Hunderte wurden verletzt, darunter auch Journalisten. Dem offiziellen Wahlergebnis zufolge kam Hernández auf 42,95 Prozent der Stimmen, während sein Herausforderer, der Sportreporter Salvador Nasralla von der Oppositionsallianz, 41,42% erhielt. Erste Ergebnisse am Wahlabend hatten noch Nasralla den Sieg zugesprochen bis die Computer für einige Stunden abstürzten.

Die Beobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und der Europäischen Union (EU) hatten erhebliche Zweifel am Wahlverlauf und am Ergebnis geäußert; die OEA hatte Neuwahlen empfohlen. Das lehnt Hernández jedoch ab. Die Katholische Kirche rief derweil zum Dialog auf. Doch darüber, wie dieser aussehen und wer in ihm vermitteln soll, sind sich die Konfliktparteien nicht einig. Ein Dialog unter der Schirmherrschaft des Präsidenten und ohne internationale Vermittler ist Moreno zufolge unglaubwürdig und „ein Versuch des Präsidenten, den Wahlbetrug reinzuwaschen“. Für den Jesuitenpriester, der Todesdrohungen erhalten und in den sozialen Netzwerken als Umstürzler diffamiert wird, steht Honduras „am Scheideweg zwischen Demokratie und Diktatur.“ Auch Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international und die UNO kritisieren die Militarisierung der Gesellschaft, die Verfolgung von Regierungskritikern und die gewaltsame Niederschlagung der Proteste.

USA erkennen Wahl an

Die Wahlen standen von Anfang an unter keinem guten Stern. Schon Hernández’ Aufstellung war ein Politikum. Die Verfassung verbietet eigentlich eine Wiederwahl; der von Hernández mit Anhängern besetzte Oberste Gerichtshof hatte diese Norm jedoch für „nicht anwendbar“ erklärt. Die USA erkannten nach anfänglichem Zögern Hernández als neuen Präsidenten an, der ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen Migration und Drogenhandel ist. Im Schlepptau Washingtons zogen die meisten europäischen Regierungen nach, darunter auch Deutschland. Das zeige die Ambivalenz der Europäer, so Moreno, der die EU-Außenpolitik als „Anhängsel Washingtons“ kritisiert. Eine konstruktive Rolle könne die internationale Gemeinschaft dann spielen, wenn sie auf Neuwahlen bestünde. Andernfalls trage sie eine Mitverantwortung für die Repression, die Moreno aufziehen sieht.

Es sei ein Fehler, Hernández als das kleinere Übel zu unterstützen, findet auch Michael Shifter, Präsident der Organisation Inter-American Dialogue. Das mittelamerikanische Land sei schon seit dem Sturz des linken Präsidenten Manuel Zelaya 2009 in einer schweren politischen Krise, argumentiert Shifter in einer Kolumne. Hinter dem Putsch damals steckte eine Allianz rechter Unternehmer und Offiziere, die fürchteten, Zelaya bringe das Land ins Fahrwasser des linkspopulistischen Venezuela. Zelaya unterstützte bei dieser Wahl Nasralla. „Erst wenn die demokratische Legitimität wiederhergestellt wird, hat Honduras eine Chance, sein kaputtes System zu reparieren“, warnt Shifter. Die Erfahrung zeige, dass es die US-Regierung teuer zu stehen komme, wenn sie Probleme wie Demokratie und Menschenrechte hinter strategische Interessen stelle. „Diese Probleme gären weiter und können unerwartet explodieren“, so Shifter.

Autorin: Sandra Weiss

Adveniat: Lebensgefahr für Journalisten

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat hat in einer Pressemitteilung ihre Sorgen über die Lage im Land ausgedrückt. „Unsere Projektpartner von Radio Progreso, insbesondere Ismael Moreno Coto und sein achtköpfiges Redaktionsteam, sind in Lebensgefahr“, sagt Inés Klissenbauer, Honduras-Referentin beim Lateinamerika-Hilfswerk.

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