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Kuba, USA |

Google-Chef fordert Ende des Kuba-Embargos

Als der Chef des Internet-Konzerns Google, Eric Schmidt, im vergangenen Jahr Nordkorea besuchte, hatte das US-Außenministerium die Reise noch heftig kritisiert. Nach Kuba reiste Schmidt nun mit Erlaubnis des US-Finanzministeriums.

Zusammen mit seinem Ideen-Chef Jared Cohen und zwei weiteren Google-Managern war Schmidt Ende Juni zu einer zweitägigen Stippvisite nach Havanna aufgebrochen - um "ein freies und offenes Internet zu fördern", wie es hieß. Dabei kamen sie sowohl mit Regierungsvertretern als auch unabhängigen Softwareentwicklern und Vertretern der regierungskritischen Bloggerszene zusammen. Es war das erste Mal überhaupt, dass Google-Vertreter offiziell Kuba besucht haben.

Die USA haben 1961 die diplomatischen Beziehungen zu Kuba abgebrochen und halten seitdem an einer strikten Blockade gegen die sozialistische Karibikinsel fest. Es ist von daher mehr als nur eine einfache Geschäftsreise, wenn hochrangige Vertreter eines großen US-Konzerns nach Kuba fahren. Die symbolische Bedeutung eines solchen Ausflugs ist nicht zu unterschätzen.

 

Kuba offline

 

Kuba ist quasi Internet-Entwicklungsland. Das Land hat die niedrigste Internet-Zugriffsrate in Lateinamerika. Laut der nationalen kubanischen Statistikbehörde hatten Anfang 2010 nur knapp drei Prozent der Bevölkerung direkten Zugang zum Netz, vor allem Wissenschaftler, Kulturschaffende, Journalisten sowie ausländische Geschäftsleute. Die Zahl dürfte heute zwar etwas höher liegen, private Anschlüsse sind aber weiter eine Seltenheit.

 

Für die kubanische Regierung liegt die Priorität auf der Schaffung von Gemeinschaftszentren, in denen die Bevölkerung Zugang zum Internet hat, sowie dem Ausbau der Verbindungen in Forschungs- , Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Im vergangenen Jahr waren überall auf der Insel staatliche Cybercafés eröffnet worden, bei Preisen von 4,50 US-Dollar pro Stunde bleibt Internetnutzung für viele aber unerschwinglicher Luxus. Vor wenigen Monaten hat die staatliche Telefongesellschaft Etecsa zudem einen Email-Dienst für Smartphones eingerichtet, der zwar kein Surfen im Internet erlaubt, aber immerhin das Versenden und Empfangen von elektronischen Nachrichten. Die Nachfrage war überwältigend.

 

In den Jahren der Mangelwirtschaft aber haben die Kubaner gelernt zu improvisieren und eigene Wege des Informationsaustausches geschaffen - eine Art Offline-Internet. Dateien werden über USB-Sticks und andere Datenträger von Hand zu Hand weitergegeben. Auf der Straße kann man das sogenannte Paket der Woche ("el paquete de la semana") kaufen - es enthält eine Auswahl an Filmen, Seifenopern, Fotos, Zeitschriften und Ratgebern bis hin zu Wikipedia-Artikeln. Mancherorts gibt es auch lokale Wifi-Netze, über die gemeinsam gespielt oder gechattet wird.

 

Schmidt muss sich wie in einer Zeitkapsel vorgekommen sein: "Wenn Kuba in den 1950er Jahren gefangen ist, steckt das Internet von Kuba in den 1990er Jahren fest", schrieb er nach der Visite in seinem Profil auf Google+.

 

Von den USA abgeschnitten

 

Die kubanische Regierung macht die Blockade der USA für die Schwierigkeiten verantwortlich und begründet damit auch die Beschränkungen für individuellen Internetzugang. Die Sanktionen verhinderten, dass Kuba Anschluss an die Unterseekabel in der Karibik erhält oder US-Unternehmen Glasfaserkabel nach Kuba verlegen können. Stattdessen wurde Kubas Internetanschluss jahrelang per Satellitenverbindung hergestellt.

 

Vor drei Jahren war dann ein Unterseekabel zwischen Venezuela und Kuba verlegt worden, mit dem die Insel endlich Internet-Breitbandanschluss erhalten sollte. Seither geht der Ausbau des veralteten Kabel- und Telefonnetzes aber nur schleppend voran, wirklich spürbare Verbesserungen sind noch nicht festzustellen.

 

Anlässlich von Schmidts Besuch erinnerte die kubanische Tageszeitung Granma zudem daran, dass Kuba zu den wenigen Ländern auf der Welt gehört, die aufgrund von US-Sanktionen keinen Zugang zu einem Großteil der Google-Dienste haben.

 

Schmidt bekam die Auswirkungen der US-Blockade am eigenen Leib zu spüren: "Mit unserer Reiseerlaubnis ist uns außer Geschäftstreffen so gut wie nichts gestattet, unser Hotel durfte nicht mehr als 100 US-Dollar pro Tag kosten und die täglichen Ausgaben 188 US-Dollar nicht überschreiten. Es ist nicht verwunderlich, dass es in Havanna viele Hotelzimmer gibt, die 99 US-Dollar kosten", so der Google-Chef. Noch eine andere Sache ärgerte ihn: "Ein Resultat der Blockade ist, dass asiatische Technologie schwerer zu verdrängen sein wird." Denn letztlich spielten bei dem Besuch in Havanna künftige Geschäftsinteressen wohl keine unbedeutende Rolle. Und die 11,2 Millionen Einwohner Kubas bilden immerhin den größten Telekommunikationsmarkt der Karibik.

 

Markt der Zukunft

 

Und der kubanische Markt könnte - vielleicht schon in gar nicht allzu ferner Zukunft - interessant werden, etwa für Googles Project Loon. Mit dem Forschungsprojekt, das im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, sollen über Relaisstationen, die an gasgefüllten Ballons in der Stratosphäre angebracht sind, ländliche und abgelegene Gebiete mit Internet versorgt werden. Um ein solches Projekt auf der Karibikinsel voranzutreiben bräuchte der Konzern allerdings die Genehmigung der kubanischen Regierung - und ein Ende der US-Blockade.

 

Doch das steht weiter in den Sternen, auch wenn es mittlerweile selbst in den USA immer mehr Stimmen gibt, die eine Normalisierung der Beziehungen beider Staaten fordern. Kuba selbst vollzieht seit einigen Jahren einen vorsichtigen Prozess wirtschaftlicher Öffnung. Diverse Restriktionen beim Auto- und Immobilienkauf wurden beseitigt, der privatwirtschaftliche Sektor ausgebaut, eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet, Staatsunternehmen erhalten mehr Autonomie und Anfang Juli trat ein Gesetz in Kraft, das fast alle Sektoren der kubanischen Wirtschaft für ausländische Investitionen öffnet. Ausgenommen bleiben die Bereiche Gesundheit, Bildung und Militär.

Die USA aber stehen wegen ihrer Blockadepolitik weiter außen vor - und damit auch Google. "Kuba wird seine Wirtschafts- und Handelspolitik öffnen müssen", schrieb Schmidt. "Und die USA müssen ihre Geschichte überwinden und das Embargo beenden. Beide Länder müssen schwierige politische Entscheidungen treffen, aber es wird sich lohnen." Und dann wahrscheinlich auch für Google.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Andreas Knobloch

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