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Gericht bewahrt Ex-Präsident Lula vor Verhaftung

Lula da Silva beim Weltsozialforum im März 2018 in Salvador da Bahía, Brasilien. Foto: Thomas Milz
Lula da Silva beim Weltsozialforum im März 2018 in Salvador da Bahía, Brasilien. Foto: Thomas Milz

Brasiliens Oberstes Gericht hat am Donnerstagabend, 22. März 2018 (Ortszeit), per einstweiliger Verfügung eine drohende Verhaftung von Ex-Präsident Luiz Inacio "Lula" da Silva (2003-2010) blockiert.

Erst in zwei Wochen will das Gericht entscheiden, ob der zu über zwölf Jahren verurteilte Lula die Haft antreten muss. Mit seiner chaotischen Rechtsprechung gefährde das Oberste Gericht den Kampf gegen die grassierende Korruption, warnen Experten. Lula hofft derweil weiter, bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober antreten zu können.

Wochenlang war unklar gewesen, ob das Gericht überhaupt über Lulas "Habeas Corpus" abstimmen wird; das ist das Recht, bis zur endgültigen Verurteilung auf freiem Fuß zu bleiben. Angesichts von Lulas drohender Verhaftung hatten seine Anhänger jedoch massiv Druck auf die Richter ausgeübt, sich dem Fall zu widmen. Am Donnerstag nun stimmte die Mehrheit der elf Richter dafür, am 4. April über die Erteilung des "Habeas Corpus" zu urteilen. Bis dahin verfügten die Richter einstweilig, dass Lula nicht verhaftet werden dürfe.

Es drohen zwölf Jahre Haft

Der Ex-Präsident war im Juli 2017 wegen Korruption und Geldwäsche zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Im Januar bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil und erhöhte die Strafe sogar auf zwölf Jahre und einen Monat. Am kommenden Montag will dasselbe Berufungsgericht Lulas sofortigen Haftantritt anordnen. Doch daraus wird nun erst einmal nichts. Lulas Verteidiger argumentieren, dass bis zur Rechtskräftigkeit des Urteils die Unschuldsvermutung gelte und Lula vorerst auf freiem Fuß bleiben müsse. Denn rechtskräftig sei das Urteil erst nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts über den Prozess, also der faktisch vierten Instanz. Früher war es üblich, dass Politiker ihre Prozesse auf diese Weise über Jahrzehnte verschleppen konnten. Oft verjährten sie in den Schubladen des Obersten Gerichts - ein juristischer Blankoscheck, der zu Korruption ermuntere, so Kritiker.

Präzedenzfall hat Auswirkung auf die Korruptionsbekämpfung

Um dies abzustellen, entschied das Oberste Gericht im Oktober 2016, dass ein Haftantritt bereits nach der Verurteilung in zweiter Instanz möglich sei. Eine unter Juristen umstrittene These, zumal nicht klar ersichtlich ist, in welchen Fällen die Haft verhängt wird und wann nicht. Jedoch erwies sich die Entscheidung als scharfe Waffe im Kampf gegen Korruption. Denn aus Angst vor dem drohenden Haftantritt nach der zweiten Instanz wurden Dutzende Politiker und Unternehmer zu geständigen Kronzeugen.

Lulas jetzt errungener Teilerfolg deutet jedoch nicht nur darauf hin, dass das Oberste Gericht ihn auch Anfang April vor dem Haftantritt bewahren wird. Faktisch könnte damit der Haftantritt nach Verurteilungen in zweiter Instanz generell kippen. Viele bereits in Haft sitzende Politiker und Unternehmer müssten dann freigelassen werden; Dutzende geplante Kronzeugenvereinbarungen würden wohl platzen. Der Fall Lula hat also das Potenzial, die gesamte Korruptionsbekämpfung in Brasilien lahmzulegen.

"Weiße-Weste-Gesetz" verbietet Kandidatur

Auf Lula warten noch fünf weitere Prozesse; zusätzliche Verurteilungen drohen. Er selbst hat stets seine Unschuld beteuert; die Justiz wolle lediglich verhindern, dass er im Oktober bei den Präsidentschaftswahlen antritt. Laut Umfragen wäre Lula dort klarer Favorit. Um aber überhaupt antreten zu dürfen, muss er vorher auch noch das 2010 von ihm selbst erlassene "Saubere Weste"-Gesetz umschiffen. Es entzieht Politikern, die in zweiter Instanz verurteilt wurden, das Recht, bei Wahlen anzutreten. Doch auch hier setzen Lulas Verteidiger auf eine zeitgerecht ausgestellte einstweilige Verfügung. Ist er dann erst einmal gewählt, verfügt er über die präsidentielle Immunität. Nur sie dürfte ihn am Ende langfristig vor einer langen Haftstrafe bewahren.

Quelle: KNA, Autor: Thomas Milz

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