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Friedensaktivist Palacios: "Aufgeben kann keine Option sein"

Für den Friedensaktivisten Leyner Palacios aus Kolumbien steht fest: "Krieg und Gewalt bedeuten immer Leid und Schmerz für die Zivilbevölkerung." Im Interview erläutert er, warum er trotz aller Schwierigkeiten weiter für den Friedensprozess in Kolumbien kämpfen will.

Lateinamerika Kolumbien Friedensprozess

Katholische Nachrichtenagentur (KNA): Herr Palacios, für Ihre Familie bedeutete das Massaker von Bojaya einen dramatischen Verlust. Welche Erinnerungen verbinden sie mit dem 2. Mai 2002?

Leyner Palacios: Das war das Inferno. Die Explosion war so stark, dass Menschenteile verdampften. Meine Familie hat an diesem Tag, als die Farc eine Granate auf die Kirche abfeuerte, 32 Familienmitglieder verloren. Wir haben geglaubt, wir seien dort sicher, denn es war ja das Haus Gottes, und die Kirche war wegen ihrer guten Arbeit in der Region respektiert. Aber die Tragödie begann schon viel früher. Wir haben Tage vorher die damalige Regierung und die UN über die bewaffneten Gruppen in der Region informiert, aber wir wurden allein gelassen. Die Paramilitärs suchten dann bei den Kämpfen Schutz hinter der Kirche - obwohl sie wussten, dass sich dort Zivilisten befanden. Die Farc schoss die Granate ab, obwohl auch sie wussten, dass Menschen in der Kirche waren.

Sie sind Mitbegründer der Interethnischen Wahrheitskommission in der Pazifikregion (CIVP), die vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt wird. Wie bewerten Sie die schleppende Umsetzung des Friedensprozesses durch die aktuelle Regierung von Präsident Ivan Duque?

Die Umsetzung des Abkommens, das die Regierung von Ex-Präsident Juan Manuel Santos und die Farc-Guerilla in Havanna ausgehandelt haben, ist für die Pazifikregion enorm wichtig. Gerade die Menschen, die unter den Kriegsfolgen besonders gelitten haben, haben mit großer Mehrheit für das Abkommen gestimmt. Wir haben aber die große Sorge, dass die aktuelle Regierung das Abkommen gar nicht umsetzen will. Wir brauchen aber noch mehr als die Umsetzung. Wir brauchen auch Friedensgespräche und eine Verhandlungslösung mit der ELN-Guerilla.

Sie sagen, es gebe eine akute Gefahr eines neuen Massakers. Warum?

ELN und Paramilitärs blockieren die Zufahrtsstraßen. Es gibt Kämpfe, Tote und Vertreibung. Bojaya leidet auch heute unter dem Konflikt. Es gibt Morddrohungen. In der Provinzhauptstadt Quibdo ist die Gefahr überall zu spüren. Ganze Stadtviertel werden von bewaffneten Banden kontrolliert, es gibt in der Stadt unsichtbare lebensgefährliche Grenzen. Ich kann nicht behaupten, dass der Krieg hier aufgehört hätte.

Welche Rolle spielt der Drogenhandel dabei?

Die Verlockung des schnellen Geldes ist in der Tat sehr groß. Wenn die Jugendlichen keine Perspektive haben, schließen sie sich bewaffneten Banden, dem Drogenhandel oder illegalen Bergbau an. Daher brauchen wir Infrastruktur, Investitionen in Bildung und Arbeitsplätze und politische Teilhabe. Es geht um eine nachhaltige Lösung der Probleme vor Ort. Die Menschen hier fühlen sich abgehängt, vom Staat allein gelassen. Es ist ja nicht nur der Drogenhandel; der illegale Bergbau mit dem Einsatz giftiger Schwermetalle ist eine der Ursachen für die verheerende Umweltzerstörung des artenreichen und ökologisch wertvollen Regenwaldes in der Region. Krieg und Gewalt bedeuten immer Leid und Schmerz für die Zivilbevölkerung. Aufgeben kann also keine Option sein.

Reportage aus Bojaya
In einer packenden Reportage erzählt ein Überlebender, wie er den Angriff auf Bojaya erlebt hat und warum das Erinnern heute wichtiger ist denn je. Zu lesen in Blickpunkt Lateinamerika, Ausgabe 4/2019. Bestellung per Mail an blickpunkt@adveniat.de.

Das Interview führte Tobias Käufer, KNA

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