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Ex-NAFTA: Freihandel als Buchstabensuppe

Arbeiterstatue in Ciudad Juárez - mexikanische Grenzstadt, in der in großen Weltmarktfabriken für den Export gefertigt wird. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
Arbeiterstatue in Ciudad Juárez - mexikanische Grenzstadt, in der in großen Weltmarktfabriken für den Export gefertigt wird. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen heißt künftig nicht mehr NAFTA (North American Free Trade Agreement) sondern USMCA (United States, Mexico, Canada Agreement).

Der beinahe unaussprechliche Kauderwelsch - es wären ja auch leichter zu formulierende Varianten wie CAMUS oder MUSCA möglich gewesen - ist durchaus so gewollt: America First eben. Mexikos Wirtschaftsminister, Ildefonso Guajardo, wollte dem allerdings nicht allzu viel Bedeutung beimessen: "Wenn das Kind zwei Beine hat, laufen kann und bei guter Gesundheit ist, dann ist es egal, ob es Juan, Pepe oder Pedro heißt."

Erleichterung in Mexiko

 

Dass Kanada in sprichwörtlich letzter Sekunde der Ende August zwischen den USA und Mexiko erzielten Vereinbarung beigetreten war, wurde in Mexiko mit Erleichterung aufgenommen. Der noch amtierende Präsident Enrique Peña Nieto würdigte die Einigung als große Leistung, da sie "die Erwartungen erfüllt" und Bedingungen für weiteres Wachstum der nationalen Wirtschaft schaffe. Der Dreierpakt erlaube, so Peña Nieto, "die produktive Integration Nordamerikas zu vertiefen und die Region als eine der wettbewerbfähigsten weltweit zu festigen".

 

Auch der neugewählte mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, lobte: Die Vereinbarung verbessere nach und nach die Löhne der Arbeiter in der Automobilindustrie und garantiere die Souveränität der Öl- und Elektroindustrie. Auf einer Pressekonferenz in Mexiko-Stadt würdigte er die "herausragende und visionäre" Rolle von US-Präsident Donald Trump, dem er eine "offene und tolerante" Einstellung während der Verhandlungen bescheinigte.

 

Gutes Timing für Mexikos neuen Präsidenten

 

Das neue Freihandelsabkommen wird wohl einen Tag vor AMLO's Amtsantritt am 1. Dezember unterzeichnet werden. Der neue Präsident beginnt seine Amtszeit damit ohne eine der größten Hürden für einen mexikanischen Präsidenten: ein Handelsabkommen mit Trump aushandeln zu müssen und von diesem ständig angefeindet zu werden. AMLO's Vertrauter bei den Verhandlungen, Jesu?s Seade Kuri, sagte, die Vereinbarung sei protektionistischer, schaffe aber Möglichkeiten für Mexiko. Wer künftig nach Nordamerika exportieren wolle, habe es etwas schwerer, was seiner Meinung nach Vorteile für Mexiko bringe.

 

Mexikos Zugeständnisse

 

Um die Vereinbarung zu erzielen, hatte Mexiko aber Zugeständnisse machen müssen, beispielsweise im Automobilsektor. Das NAFTA-Abkommen von 1994 hat zwar Mexikos Agrarsektor geschädigt, aber das Land gleichzeitig zu einem der weltweit wichtigsten Standorte der Automobilindustrie werden lassen. Auch deutsche Autobauer wie VW oder Daimler sahen in Mexiko den perfekten Fertigungsstandort für den US-Markt - mit sechs- bis zehnmal niedrigeren Löhnen als nördlich des Río Bravo.

 

Das daraus resultierende Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber Mexiko aber war Trump seit jeher ein Dorn im Auge. Die USA setzten durch, dass die Wertschöpfungsanteile aus den NAFTA-Staaten in der Autoproduktion von bisher 62,5 Prozent auf 75 Prozent angehoben werden. Dies wird zu höheren Produktionskosten und Anpassungen in den Zulieferketten führen; fast die Hälfte der in Mexiko hergestellten Personenwagen entspricht nicht der neuen Schwelle. Zudem sollen künftig 40 Prozent jedes Fahrzeugs in Fabriken hergestellt sein, in denen Arbeiter mindestens 16 US-Dollar pro Stunde verdienen. In Mexiko liegt der Stundenlohn inklusive Sozialleistungen bisher bei acht US-Dollar.

 

Ausgerechnet Mexikos Arbeiter könnten profitieren

 

Durch USMCA wird Mexiko zu einer baldigen Arbeitsmarktreform gedrängt. Die neue Vereinbarung verpflichtet Mexiko, die Vereinigungsfreiheit und die "wirksame Anerkennung" der Tarifverhandlungen zu gewährleisten, zur Beseitigung der Kinderarbeit und zur Gewährleistung "akzeptabler" Arbeitsbedingungen. Gegenüber dem Freihandelsabkommen von 1994 wird die Rolle der Arbeitnehmervertreter in Mexiko gestärkt.

 

Zweifel indes sind angebracht, wie weit sich die neuen Bestimmungen auf die starken Dysfunktionen im mexikanischen Arbeitsmarkt auswirken, in dem ein großer Teil der Tarifverträge dem Arbeitgeberschutz dient - d.h. Schein-Vereinbarungen sind, in denen die Gewerkschaften nicht die Interessen der Belegschaft des Unternehmens vertreten. Der mexikanische Mindestlohn beträgt 88 Pesos pro Tag (knapp 5 US-Dollar) und liegt damit unter der Armutsgrenze. Mexiko wird also seinen Arbeitsmarkt anpassen müssen. Die Änderungen werden dazu beitragen, die Gewerkschaften neu zu regeln. Das Problem ist, dass sechs von zehn Arbeitnehmern in Mexiko im informellen Sektor beschäftigt sind.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Andreas Knobloch

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