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Kolumbien |

Ehemalige Geiseln betreten wieder die Polit-Arena

Am Sonntag sind Parlamentswahlen in Kolumbien. Das politisches Panorama nach Ende der Ära Uribe ist noch ungewiss.

Eigentlich wollten sie von Politik nichts mehr wissen, nachdem sie jahrelang “politische Geiseln” der kolumbianischen Guerilla gewesen waren. Doch am Sonntag treten sechs von ihnen wieder an bei der Parlamentswahl in dem Andenland. Darunter Clara Rojas, die einstige Parteigefährtin der Grünen und Ex-Freundin von Ingrid Betancourt. Rojas, die in Gefangenschaft unter dramatischen Umständen ein Kind geboren hat, will für ein Land eintreten, in dem die Kinder eine bessere Zukunft erwartet. Die 45jährige hat sich vor allem die Sache der Frauen, der Kinder und der Armen auf die Fahnen geschrieben und tritt für die Liberale Partei an, zusammen mit der Konservativen Partei eine der großen Traditionsparteien.

Die Liberalen hoffen, dass ihnen das Prestige der Entführten Zugewinne bringt. Denn sowohl die Liberalen als auch die Konservativen stecken seit über einem Jahrzehnt in einer schweren Krise. Die vergangenen acht Jahre standen unter dem Stern des rechten Alvaro Uribe. Er war 2002 als unabhängiger Kandidat angetreten und hatte nach seinem Wahlsieg eine eigene Partei gegründet, die bei den darauffolgenden Wahlen die Mehrheit errang. Doch Uribe kann im Mai nach einem Verbot des Verfassungsgerichts nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren, mit dem Ende des Caudillo droht auch sein Parteienbündnis „Partei der U“ einzubrechen.

Uribes designierter Nachfolger und Ex-Verteidigungsminister Juan Manuel Santos – der Stratege der spektakulären Befreiung von Betancourt und weiterer Geiseln – geht zwar mit einem Vorsprung ins Rennen um die Präsidentschaft, doch die Partei der U steht nicht geschlossen hinter ihm. Zudem sind zahlreiche ihrer Politiker wegen Korruption und Vetternwirtschaft diskreditiert, einige sitzen auch wegen Unterstützung paramilitärischer Todesschwadronen hinter Gittern. Gegen 90 Abgeordnete laufen diverse Verfahren. „Wir können nicht zulassen, dass das Parlament weiter in der Hand derart diskreditierter Personen ist“, sagt Ex-Geisel und ebenfalls Kandidat, Luis Eladio Perez. .„Ich will mich dafür einsetzen, dass Praktiken wir Korruption und Stimmenkauf endlich ein Ende haben.“

„Der nächste Kongress wird auf jeden Fall bunter werden und dem künftigen Präsidenten das Regieren schwerer machen“, sagt der Journalist und politische Beobachter Henry Orrego. Eine untergeordnete Rolle dürfte diesmal die Guerilla spielen, die sonst immer mit Attentaten und Boykotten den Wahlkampf und die Urnengänge sabotierte. „Die Guerilla ist durch Uribes Politik in der Defensive. Diese Wahlen dürften die friedlichsten und freiesten der vergangenen 20 Jahre werden“, prophezeit der Militärexperte Alfredo Rangel, schränkt allerdings ein, die Gefahr der Infiltration der Kampagnen mit Drogengeldern bestehe weiterhin.

Wohin es ideologisch geht, muss sich erst noch weisen. Der linke Polo Democratico, der in der vergangenen Legislaturperiode die drittstärkste Fraktion stellte, ist zwischen einem linken, pro-chavistischen Flügel und einem moderaten, sozialdemokratischen Lager zerstritten und hat viel an Prestige eingebüßt. Die Konservativen und Liberalen unterscheiden sich programmatisch kaum. Manche Kandidatin haben daher gleich auf inhaltliche Debatten verzichtet und setzten mehr auf ihr Charisma oder sonstige Reize wie diverse Schauspieler, ein bekannter Transvestit oder die 42-jährige Maria Fernanda Valencia von der Partei der U, die versprach, sich für ein Magazin auszuziehen, sollte sie gewählt werden. Ob das die Kolumbianer am Sonntag dazu bewegen kann, zu den Urnen zu gehen, ist allerdings mehr als fraglich.

Autorin: Sandra Weiss

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