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Bolivien |

Die zwei Seiten der Demokratie

Eine Besucherin am "Tag der Demokratie" (Foto: Martin Steffen)
Eine Besucherin am "Tag der Demokratie" (Foto: Martin Steffen)

In Bolivien sind Tausende Menschen im Namen der Demokratie auf die Straße gegangen. Gegner und Anhänger von Präsident Morales marschierten, protestierten und blockierten Straßen. Insgesamt verliefen die Proteste ruhig. „Heute pulsieren die bolivianischen Straßen. Es ist ein wichtiger Tag für unsere Demokratie, denn beide Lager werden für ihre Interessen eintreten. Im Mittelpunkt stehen die Wahlen 2019 und das Referendum von 2016“, erklärt die bolivianische CNN-Journalistin Glória Carrasco, „Und das am Geburtstag der Demokratie.“ Am 10. Oktober 1982 wurde in Bolivien die Militärdiktatur beendet, die 18 Jahre andauerte.

In La Paz führte der Präsident selbst den Marsch für die Demokratie von Tausenden seiner Anhänger an, darunter vor allem Gewerkschaften und soziale Bewegungen. Gegen Mittag versammelten sich auf dem zentralen Plaza San Francisco nach Polizeiangaben rund 5.500 Menschen. Einer von ihnen ist Javier Chambicali, ein Kokabauer aus der Yungas-Region im bolivianischen Amazonasgebiet, der mit einer großen Gruppe die ganze Nacht durchgefahren war, um in La Paz dabei zu sein. „Wir sind hier, um die Demokratie zu feiern und unseren Präsidenten zu unterstützen, denn er setzt sich für uns ein. Er wurde demokratisch gewählt und soll auch wieder kandidieren“, sagt er und reckt seine zur Faust geformte Hand in die Höhe. Zusammen mit den Tausenden um ihn herum, viele von ihnen in traditionellen Trachten, ruft er Evo Morales auf der Bühne seine Unterstützung zu. Dazu wurden bolivianische Flaggen geschwenkt sowie die blau-weißen der sozialistischen Regierungspartei MAS (Movimiento al Socialismo) und die bunten „Wiphalas“ der indigenen Gemeinschaften.

Auch Morales hielt diese in seiner Hand und trug um den Hals einen dicken Blumenkranz, als er vors Mikrofon trat. Die sozialen Bewegungen seien es gewesen, die die Demokratie wiederhergestellt hätten, mit Schmerz, Blut und großem Kampf. Von den rechten Parteien wäre die Diktatur ausgegangen, sagte der Präsident. Und: Er habe viel Vertrauen in sein Volk, das wisse, wer ihm Schaden bringen würde. Damit bezieht er sich auf den einzigen bisher bestätigten Kandidaten der Opposition für die Wahlen 2019: Carlos Mesa. Der Politiker war bereits von 2003 bis 2005 Präsident des Landes und ist damals wegen gewaltsamer Unruhen sowie einer tiefen politischen und sozialen Krise zurückgetreten. Sein schärfster Gegner: Evo Morales. Der Kokabauer Javier Chimbicali ist aufgebracht: „Mesa unterstützt nur die anderen, die Reichen, die Kinder der Diktatoren.“

Ein zweites Venezuela?

Am Nachmittag, nachdem Morales die Bühne verlassen hatte, versammelten sich rund 2.000 Gegendemonstranten auf dem zentralen Platz in La Paz. Es waren überwiegend Studenten, die bolivianische Flaggen trugen sowie weiße mit der Aufschrift „No“. Sie forderten die Regierung auf, die Volksabstimmung vom 21. Februar 2016 anzuerkennen. Vor zwei Jahren hatte sich die Mehrheit der Bolivianer mit „No“ (Nein) in einem Referendum gegen eine Verfassungsänderung ausgesprochen, die Morales eine erneute Kandidatur ermöglicht hätte. Er ist mit seinen zwölf Jahren Amtszeit bereits jetzt der am längsten regierende Staatschef seit Boliviens Unabhängigkeit 1825.

Die Medizinstudentin Ninoska ist wütend: „Die Regierung verletzt die Demokratie. Wir leben beinahe in einer Diktatur. Ich hab Angst, dass es hier so wird wie in Venezuela. Dort gab es auch ein Referendum, das nicht anerkannt wurde. Evo macht es genauso und regiert einfach weiter. Er findet immer wieder einen Weg, auch wenn er illegal ist. Wofür wurde denn überhaupt abgestimmt und das ganze Geld investiert?“ Letztes Jahr focht die sozialistische Regierungspartei MAS mehrere Verfassungsartikel erfolgreich an und ebnete so den Weg für eine vierte Amtszeit des Präsidenten. Der 58-Jährige Morales ließ bereits einmal die Verfassung ändern, um länger im Amt bleiben zu können. 2014 wurde er für eine dritte Amtszeit bis 2020 gewählt.

Autorin: Christina Weise

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