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Honduras |

Der Fluch des Analphabetismus

In Honduras haben die Eliten traditionell kein Interesse an der Bildung der breiten Bevölkerung. Ohne Bildung kann es aber keine Staatsbürger geben, die sich an der Gesellschaft beteiligen.

Als ich neulich mit einem 12jährigen Mädchen plauderte, fragte ich sie: „Wann beginnt denn heute dein Unterricht?“. Sie antwortete: „Das hängt davon ab, ob die Lehrer streiken oder nicht.“ Ich wollte wissen: „Und warum streiken deine Lehrer?“. Das Mädchen erklärte: „Sie haben ihnen den Status des Lehrenden genommen.“ Folglich hängt die Rückkehr der Jungen und Mädchen in ihre Klassen von einer Wiedereinsetzung des Statuts ab. Warum nur gehen den honduranischen Schülern, unter jedem möglichen Vorwand, Jahr für Jahr Stunden und Tage an Unterricht verloren?

Bildung als Bedrohung

In Honduras hatten die Eliten seit der Machtübernahme nach der „Unabhängigkeit“ 1821 zu keinem Zeitpunkt ein Interesse an der Bildung der Bevölkerung. Mehr noch: Sie sahen die Vorstellung als bösartig und gefährlich an, dass die „Indios“ und die Kinder der Mestizen Lesen und Schreiben lernten. In einigen Gegenden des damals im Entstehen begriffenen Lateinamerikas wurden „Indios“, die Lesen und Schreiben lernten, die Zungen abgeschnitten und die Augen herausgerissen. Warum nur hatten die Herrschenden eine derartige Furcht vor der Aussicht, das Volk könne den Analphabetismus hinter sich lassen?

Unter Präsident Marco Aurelio Soto (1876 bis 1883) machte der Staat die Bildung zur Priorität, als wichtigste Antriebskraft eines „Ordnung und Fortschritt“ genannten Plans. Aus dieser Zeit stammt das honduranische Bildungssystem: allgemeingültig, verpflichtend und kostenlos. Um Honduras zu einem modernen Land zu entwickeln, war es nötig, alle Menschen ohne Ausnahme zu Staatsbürgern zu machen. Dies war nur mit Bildung möglich. Die „Bildungsrevolution“ scheiterte allerdings, da die Herrschenden sich gegen den Versuch erhoben, das Volk zu befreien.

Rückfall in Analphabetismus

Aktuell liegt die Analphabetenquote in Honduras bei rund 20 Prozent der Bevölkerung. Nimmt man aber all jene hinzu, die aufgrund mangelnder Anwendung das wenige, was sie gelernt hatten, wieder vergaßen, so dürften es mindestens 30 bis 40% sein. Wie kann man unter diesen Umständen nur den Schülern ihre Unterrichtsstunden nehmen? Was hat es mit der Aufhebung des Lehrenden-Statuts auf sich? Sind es vielleicht die Lehrer, die ihre Schüler gleich an den ersten Tagen des Schuljahres ohne Unterricht lassen wollen?

Die schmerzhafte Antwort lautet, den honduranischen Eliten passt es nicht, dass das Volk dank Bildung aufwacht. Wie im vergangenen Jahrhundert ist der gute Honduraner für sie der Analphabet - denn nur so können die wenigen Reichen einer großen Mehrheit von manipulierbaren Analphabeten ihre Launen auferlegen. Das hält die unterschiedlichen Regierungen freilich nicht davon ab, zu beteuern, sie bekämpften den Analphabetismus – um der internationale Gemeinschaft zu gefallen, die ihnen Geld gibt. Auf dieser Linie liegt es auch, dass das kubanische Bildungsprogramm aus Honduras verbannt wurde, welches nachweislich große Erfolge bei der Bekämpfung des Analphabetismus in verschiedenen Ländern Lateinamerikas vorzuweisen hat.

Autor: Ollantay Itzamná, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel, Quelle: bolpress

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