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Das Massaker beim Bau Brasílias

Die brasilianische Wochenzeitung „Brasil de Fato“ berichtet auf ihrer Website von einem Massaker im Jahr 1959 an Dutzenden Arbeitern.

Parlamentsgebäude in Brasilia von Architekt Oscar Niemeyer (Foto: Adveniat/Jürgen Escher)

Wo heute Brasília steht, befand sich Ende der 1950er Jahre eine gigantische Baustelle. 1959, ein Jahr vor der feierlichen Einweihung der neuen Hauptstadt, kam es zu einem Blutbad an Arbeitern, die ihre Arbeits- und Lebensbedingungen nicht ertrugen. „Brasil de Fato“ zufolge handelt es sich um eine der größten Tragödien in der Geschichte Brasiliens. Offiziell werde das Ganze bis zum heutigen Tag entweder als nicht so gravierend dargestellt oder glatt geleugnet. Es handele sich um ein Beispiel dafür, wie die Mächtigen die Geschichte umschreiben. 

Schlechtes Essen brachte das Fass zum Überlaufen

Das Massaker fand am 8. Februar 1959 statt, mitten im Karneval. Bis heute lasse sich die Zahl der ums Leben gekommenen Arbeiter nicht genau ermitteln. Mehr als 40.000 Arbeiter schufteten für den Bau der neuen Hauptstadt. Teilweise über 18 Stunden am Stück. Viele Arbeiter brachten ihre Familien mit, die in Baracken hausten. Die Arbeits- und Wohnbedingungen waren ebenso mies wie die hygienischen Zustände. Das Fass kam schließlich zum Überlaufen, als das in einer Kantine servierte Essen wieder einmal nicht annähernd den Namen verdiente. Sicherheitskräfte wurden aufgrund des Aufruhrs gerufen, die zwei Soldaten zogen sich aber, umringt von aufgebrachten Arbeitern, zurück. Stunden später, als die meisten Arbeiter in ihren Unterkünften schliefen, tauchte ein Trupp von fast 30 Mann auf und richtete viele Arbeiter hin. Die offiziellen Ermittlungen sprachen später aber nur von einem Toten und 48 Verletzten. Zeugen sagten aus, die Polizei habe auf schlafende Arbeiter geschossen. 

Brasilianische Presse berichtete kaum 

Der Dokumentarfilmer Vladimir Carvalho hat die Ereignisse 1991 in dem Film "Conterrâneos Velhos de Guerra" (etwa: „Alte Kriegsgefährten“) detailliert geschildert. Dutzende Leichen von Arbeitern sollen von Lkw's an einem unbekanntem Ort gekippt worden sein. In der brasilianischen Presse - es herrschte noch nicht die Militärdiktatur - war seinerzeit kaum etwas zu lesen, nur zwei kleinere Zeitungen berichteten. Offiziell wurde lange bestritten, dass es ein Massaker gegeben habe. Sogar der Architekt Oscar Niemeyer, der beim Entwurf der Gebäude für Brasília die führende Rolle spielte, und ein bekennender Kommunist war, sagte, dass er keinerlei Kenntnis von den Ereignissen gehabt habe. 

Errichtung Brasílias im Eiltempo aus dem Nichts

Die Glorifizierung des Baus der neuen Hauptstadt durfte nicht befleckt werden, so die Soziologin Nair Bicalho. Brasília wurde innerhalb von drei Jahren aus dem Boden gestampft – während der Amtszeit von Präsident Juscelino Kubitschek, der bis dahin weitgehend menschenleeres Land besiedeln ließ. Teile der politischen Klasse konnten sich ohnehin nicht mit der Vorstellung einer neuen Hauptstadt anfreunden und wären lieber in Rio de Janeiro geblieben. Ohne die Repression der eigens eingerichteten berüchtigten Militäreinheit hätte Brasília kaum innerhalb kürzester Zeit gebaut werden können. Die Straflosigkeit der Täter bildet für Filmemacher Vladimir Carvalho einen roten Faden in der Geschichte Brasiliens und steht somit in einer Reihe mit der Sklaverei und der Ausrottung Indigener.

Quelle, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

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