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Costa Rica: ein fragiler Triumph über Corona

Costa Rica ist das erste Land Lateinamerikas, welches die Infektions-Schutzmaßnahmen lockert. Der Grund dafür sind ganze sieben Tote bei 792 Corona-Infizierten, aber kaum Neuinfektionen. Ein außergewöhnlicher Erfolg, der Hintergründe hat.

Die Menschen in Costa Rica halten wegen Corona Abstand zueinander, doch auf den Bananenplantagen geht die Arbeit weiter (Symbolbild: Bananenplantage Costa Rica). Foto: Costa RicaDan LundbergAttribution-ShareAlike 2.0 Generic

Anfang März wurde der erste Covid-19 Patient in Costa Rica diagnostiziert, zwei Monate später lockert die Regierung die Schutzmaßnahmen und lässt ähnlich wie in Europa wieder etwas Alltag einkehren. Als erstes Mittelamerikas und der Karibik werden die Schutzmaßnahmen gelockert, auch wenn Gesundheitsminister Daniel Salas nicht müde wird zu mahnen: „Das ist ein fragiler Erfolg. Wir gehen wie auf Eierschalen“, so der Minister, selbst Mediziner und mit Epidemien vertraut, auf einer Pressekonferenz. Doch die harten Zahlen können sich sehen lassen: 801 Infizierte und nur sieben Tote hat das kleine Land bisher registriert. Das ist die niedrigste Todeszahl in der gesamten Region und Experten aus Costa Rica, aber auch aus den Nachbarländern führen das auf zwei Faktoren zurück: ein gut funktionierendes und flächendeckend präsentes Gesundheitssystem und eine disziplinierte Bevölkerung.

Beide Faktoren, die viel mit dem Sonderweg des Landes zu tun haben, dass 1949 die Armee auflöste und das eingesparte Geld in eine Sozialversicherung sowie das Gesundheits- und Bildungssystem investierte. Für den ehemaligen Dekan der medizinischen Fakultät der öffentlichen Universität des Landes, Luis Villalobos, ist das die Grundlage, weshalb die rund fünf Millionen Ticos, wie sich die Costa-Ricaner, nennen, diszipliniert  und vernünftig agieren, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Das konzentriert sich bisher auf die großen Städte des Landes, auf die Hauptstadt San José und das benachbarte Alajuela. Auch ein Erfolg der Maßnahmen der Regierung, die am 16. März den nationalen Ausnahmezustand verhängte, die Schulen und alle nicht notwendigen Einrichtungen und wenig später auch die Grenzen für Ausländer schloss. Für den Tourismussektor - mit mehr als drei Millionen Besuchern im letzten Jahr ein wichtiger Devisenbringer - ein herber Einschnitt. Doch der Effekt spricht für sich. Während am 24. März sechzig Neuinfektionen registriert wurden, waren es am Montag (11.Mai) neun. Zudem gibt bisher wenige Patienten, die schwer an Covid-19 erkrankten. Mehrere hundert Intensivbetten stehen daher im mittelamerikanischen Land zu Verfügung.

Kaum Infektionen in den Anbaugebieten

Deutlich bessere Eckdaten als bei den Nachbarn Panama und Nicaragua sowie El Salvador, Honduras und Guatemala. Dort ist die öffentliche Gesundheitsversorgung auf eine Pandemie nicht ansatzweise so gut vorbereitet wie in Costa Rica. Das Herzstück bilden die Basiseinheiten der Gesundheitsversorgung (Ebais), die flächendeckend eine Grundversorgung liefern, gut ausgestattet sind und den Kontakt zu Patienten halten. Hinzu kommt ein Netz aus 29 Kliniken, die in allen sieben Provinzen angesiedelt sind. Tragfähige Strukturen so nationale Experten wie Villalobos. Das bestätigen auch Ärzte aus den Nachbarländern Jorge Panameño aus El Salvador gegenüber dem „Diario de Hoy“. Maßnahme  und Strukturen, die dazu beigetragen haben, dass das Virus sich in Costa Rica nicht schnell verbreiten konnte. So sind an der Karibikküste des Landes bisher kaum Fälle registriert worden. Dort lief die Bananen- und Ananasernte unbehelligt vom Lockdown weiter und bisher kennt Didier Leitón, Gewerkschaftssekretär der SITRAP in Guapiles keinen Infektionsfall. Das ist allerdings nicht allein auf die Maßnahmen zurückzuführen, sondern auch Glück. „Es gibt einige Plantagen, die zusätzliche Transportmöglichkeiten für die Arbeiter zur Verfügung gestellt haben, aber längst nicht alle“, so Leitón. Auch bei der Arbeit werde nicht immer strickt auf Distanz geachtet. Das sei von Plantage zu Plantage unterschiedlich. „Die einen achten auf mehr Distanz beim Essen oder auch dem Verpacken der Früchte, die anderen nicht. Es fehlt an einheitlichen Vorgaben“, kritisiert er.

Der Bananen und Ananas-Export gehört zu den existenziellen Wirtschaftssparten, die nicht heruntergefahren wurden. Zudem ist die Nachfrage da, sodass auf den Plantagen alles seinen gewöhnten Gang gegangen sei – mit wenigen zusätzlichen Maßnahmen. Maskenpflicht ist dort aber auch landesweit nicht verordnet, social distancing hingegen in den Lockerungsmaßnahmen der Regierung, die gestern bekanntgegeben wurden schon: 1,8 Meter beträgt der Mindestabstand in Restaurants Beispielweise, die genauso wie Hotels ab dem 16. Mai wieder aufmachen dürfen. Gleiches gilt für die Strände des Landes und das Gros der Geschäfte. So will das Land langsam wieder zurück in die „Normalität“ gelangen. Dass diese weitreichenden Entscheidungen mit einem Risiko behaftet sind, weiß auch Gesundheitsminister Daniel Salas. Es spricht von einem „fragilen Triumph“, den die Bevölkerung über das Virus errungen habe. Die Einschätzung teilte auch Leitón, aber er hätte sich durchaus strengere Auflagen für die Plantagenwirtschaft gewünscht. Die Pandemie sei schließlich noch nicht vorbei.

Autor: Knut Henkel 

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