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"Chiquita Papers": Millionen im Konflikt in Kolumbien

Bananenplantage in Magdalena, Kolumbien. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
Bananenplantage in Magdalena, Kolumbien. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Die Fruchtgesellschaft Chiquita Brands International hat jahrzehntelang Millionen US-Dollar an Akteure des bewaffneten Konflikts in Kolumbien gezahlt. Seit kurzem einsehbare Dokumente der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC zeigen, dass das Unternehmen seit Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 2000er Jahre regelmäßig Zahlungen vornahm. Das Geld ging sowohl an linke Guerillagruppen als auch an rechte Paramilitärs und zivile Milizen sowie an Brigaden der kolumbianischen Armee in den Bananenanbauregionen der Bezirke Antioquia und Magdalena. Chiquita gehört zu den größten Bananenexporteuren der Welt und machte nach eigenen Angaben 2014 rund 3,1 Milliarden US-Dollar Umsatz.

Bislang noch kein Angestellter zur Rechenschaft gezogen

Bereits 2007 wurde das Unternehmen als erster multinationaler Konzern dafür verurteilt, einer internationalen terroristischen Organisation Geld gezahlt zu haben. In dem Verfahren ging es um Zahlungen von rund 1,7 Millionen US-Dollar zwischen 2001 und 2004 an den nationalen Dachverband der rechtsgerichteten kolumbianischen Paramilitärs (AUC). Die Geldstrafe die Chiquita in den USA entrichten musste, betrug 25 Millionen US-Dollar. Allerdings wurde bisher kein Angestellter des Unternehmens zur Verantwortung gezogen und die meisten Namen in den Gerichtsdokumenten sind geschwärzt.

Das investigative Nachrichtenportal VerdadAbierta beschäftigt sich nun in ausführlichen Artikeln mit den so genannten "Chiquita Papers" und berichtet über Zahlungen an weitere am kolumbianischen Konflikt beteiligte Akteure. Die Dokumente der US-Börsenaufsicht SEC, die zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Chiquita Brands International unter Eid aussagen ließ, zeigen das Bild eines routinierten Systems geheimer Transaktionen an alle Seiten des Konflikts. Chiquita versuchte anscheinend durch die Zahlungen, die Geschäfte im Land so ungestört wie möglich aufrechtzuerhalten und in einer der konfliktreichsten Regionen der Welt Profite zu erwirtschaften.

Deklariert als "Zahlungen für die öffentliche Sicherheit"

Zudem sollten dadurch Probleme mit Gewerkschaften "gelöst" werden. Die Zahlungen wurden als notwendige, aber zu verschmerzende Kosten angesehen und unter dem Titel "Zahlungen für die öffentliche Sicherheit" abgerechnet. VerdadAbierta geht davon aus, dass die Zahlungen die Menschenrechtsverbrechen, die die bewaffneten Akteure in den Regionen Antioquia und Magdalena verübten, direkt unterstützten. Bezüglich der Zahlungen beispielsweise an die Guerillagruppen FARC, ELN und ELP wurden bisher weder in den USA noch in Kolumbien Verfahren eingeleitet.

Im Zuge der Ermittlungen zu den Zahlungen an den AUC gab Chiquita auch Geldflüsse an die linken Guerillas zu, jedoch nur im Zeitraum von 1989 bis 1997, als diese von den USA noch nicht als terroristische Gruppen eingestuft wurden waren. Die nun veröffentlichten Dokumente weisen allein zwischen 1991 und 1996 Zahlungen von mehr als 850.000 US-Dollar an linke Guerillagruppen aus.

Auch Vorstandsmitglieder von Chiquita beteiligt

Trotz der Schwärzung der Namen in den Gerichtsdokumenten konnten beteiligte Personen identifiziert werden. Einige von ihnen gehörten zum Vorstand des multinationalen Konzerns, waren Geschäftsführer des kolumbianischen Ablegers von Chiquita, Banadex, oder in der Buchhaltung und Rechnungsprüfung von Chiquita in Kolumbien tätig. Einer der zentralen Akteure war VerdadAbierta zufolge John Ordman, stellvertretender Vorsitzender der European Banana Sourcing, einer Tochter der Chiquita Gruppe. Mit Sitz in Costa Rica war Ordman eine der wichtigsten Schlüsselfiguren zwischen den Geschäftstätigkeiten von Chiquita in Kolumbien und der Führungsebene in Cincinnati, dem Firmensitz in den USA.

Eine weitere zentrale Figur war Robert Kistinger, stellvertretender Geschäftsführer der Banana Group; als solcher bestens über die Vorgänge informiert und direkt an der Einrichtung und Überwachung der Zahlungen an die bewaffneten Akteure in Kolumbien beteiligt. Sowohl für Ordman als auch für Kistinger seien die Zahlungen an Todesschwadronen und Aufständische normal gewesen, schreibt VerdadAbierta unter Berufung auf die ausgewerteten Dokumente. Kistinger sagte in den Anhörungen durch die SEC, sie hätten sich nicht von Zahlungen für Düngemittel unterschieden.

Andere Angestellte von Chiquita, wie Jorge Forton, der ab 1995 in Kolumbien die Zahlungen standardisieren und kontrollieren sollte, berichteten, die Zahlungen sollten gewaltsame Übergriffe der bewaffneten Gruppen in den Bananenanbauregionen auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Chiquita verhindern. Er sei sich jedoch auch darüber bewusst gewesen, so Forton weiter, dass man beispielsweise paramilitärische Gruppen finanziert habe, die zu einer Intensivierung des gewalttätigen Konflikts in der Region beigetragen hätten. Das hätte seine Chefs in den USA jedoch kaum interessiert. (Valeska Cordier)

Quelle: poonal

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