Cartes zieht Wiederwahl-Kandidatur zurück
Nach wochenlangen Protesten gegen eine geplante Verfassungsänderung, die dem amtierenden Präsidenten von Paraguay, Horacio Cartes, eine Wiederwahl ermöglicht hätte, hat das amtierende Staatsoberhaupt seine erneute Kandidatur zurückgezogen. Er werde "für die Verfassungsperiode 2018 bis 2023 auf keinem Fall als Kandidat für die Präsidentschaft der Republik" antreten, so der Politiker am Montag, 17. April 2017, in einem Brief an den Erzbischof der Hauptstadt Asunción.
"Ich hoffe, dass diese Rückzugsgeste der Vertiefung des Dialogs zur Stärkung der Verfassung der Republik dient", warb der 60-jährige Cartes in einem auf Twitter veröffentlichten Schreiben an die vermittelnde Katholische Kirche für ein "harmonisches Zusammenleben der Paraguayer".
Verfassungsänderung soll fortbestehen
Allerdings bedeute der Verzicht auf eine Kandidatur keinesfalls den Rückzug des umstrittenen Gesetzesvorhabens zur Verfassungsänderung, das dem Amtsinhaber eine erneute Kandidatur ermöglichen soll. Bislang ist nur eine einzige Legislatur von fünf Jahren gestattet. Der Gesetzesentwurf liege derzeit dem Abgeordnetenhaus zur Debatte vor, so die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezugnahme auf Regierungskreise.
"Ich glaube, dass das Thema nach der Entscheidung von Präsident Cartes debattiert und abgelehnt wird", so eine erste Einschätzung des Verlaufs der politischen Krise der Oppositionspolitikerin Esperanza Martínez. Auch der linke Ex-Präsident Fernando Lugo hatte das Vorhaben unterstützt. Die Verfassungsnovelle war hinter verschlossenen Türen von einer Gruppe aus 25 Senatoren angenommen und anschließend an die zweite Parlamentskammer überstellt worden. Um die Möglichkeit einer zweiten Amtszeit ins Grundgesetz zu schreiben wäre ein Verfassungsreferendum nötig. (bb)
Landesweite Demonstrationen und ein Toter
In den vergangenen Wochen war es in Asunción und in anderen Landesteilen immer wieder zu teils gewalttätigen Demonstrationen gekommen. Weltweite Bestürzung löste der Tod eines 25-jährigen Nachwuchspolitikers der Oppositionspartei PLRA aus; er wurde bei einer Durchsuchung der Parteizentrale von einem Polizisten erschossen. Präsident Cartes kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf und entließ Innenminister Tadeo Rojas sowie Polizeichef Crispulo Sotelo. Zudem waren Demonstranten in den Kongress eingedrungen und hatten das Mobiliar angezündet. "Die Demokratie erobert und verteidigt man nicht mit Gewalt", sagte Cartes und rief zu einem Dialog auf.
Paraguay wäre damit dem Beispiel mehrerer lateinamerikanischer und afrikanischer Länder gefolgt, die zuletzt ihre Verfassungen änderten, um dem Präsidenten mehrere Amtszeiten zu ermöglichen. Dazu zählten unter anderen Kolumbien und Nicaragua. In Bolivien und Honduras gibt es derzeit ähnliche Bestrebungen. In beiden Ländern gibt es allerdings wie in Paraguay öffentlichen erheblichen Widerstand.
Ein Runder Tisch, zu dem Cartes die Opposition, die Kirche und Vertreter der Zivilgesellschaft eingeladen hatte, kam allerdings zu keinem Ergebnis. Teile der Opposition weigerten sich teilzunehmen; auch in der breiten Öffentlichkeit gab es keine Zustimmung für das umstrittene Projekt einer Verfassungsänderung.
Quelle: KNA, Foto: Micaela Ayala V./ANDES,CC BY-SA 2.0.