Candomblé und Umbanda: Afrobrasilianische Religionen
Bei Candomblé und Umbanda handelt es sich um afrobrasilianische Religionen, ist diese Behauptung richrig?
Patricia Santos: Ich würde sagen: Ja. Umbanda ist eine Religion brasilianischen Ursprungs, die aber verschiedene Einflüsse aufweist: Katholizismus, Spiritismus, Elemente indigener und afrikanischer Religiosität. Diese heterogene Religion entstand auch als eine Form des Widerstands. Bei Candomblé handelt es sich eher um eine afrikanische Religion. Weiße Einflüsse haben im Vergleich eine weniger große Rolle gespielt. Gleichwohl finden sich im Candomblé ebenfalls Rituale aus anderen Religionen.
Wie viele Anhänger zählen die afrobrasilianischen Religionen in Brasilien?
Ich könnte jetzt nicht sagen, wie viele Umbanda-Anhänger es gibt - auch deshalb, weil es solche gibt, die bestreiten, welche zu sein. Laut des Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE) praktiziert in der Gemeinde Oeiras in Piauí niemand Umbanda. Dabei gibt es alleine in der Stadt mindestens sieben Terreiros, wie die Umbanda-Tempel heißen.
Was ist über die soziale Herkunft der Anhänger bekannt?
Unter den Anhängern der afrobrasilianischen Religionen befinden sich traditionell sehr viele schwarze und arme Brasilianer. Inzwischen haben aber auch viele Weiße, Reiche und Menschen mit einem hohen Bildungsgrad Zugang gefunden. Seit langem liegen die Terreiros allerdings an den Rändern der Städte.
Werden Candomblé und Umbanda grundsätzlich immer in Terreiros zelebriert?
Nein, nicht immer. Die Terreiros sind aber die Orte, an denen der Großteil der Rituale ausgeführt wird. Einige Riten können auch im Freien stattfinden.
In der Umbanda werden verschiedene Gottheiten verehrt, die sich Orishas nennen (Portugiesisch: Orixás). Lässt sich dennoch sagen, dass es sich um eine monotheistische Religion handelt?
Ja, das ist so. Olurum (auch Z"mbi genannt) entspricht unserem christlichen Gott. Und neben diesem gibt es eben die Orishas, Heilige, die verschiedene Namen tragen und unterschiedliche Rollen spielen.
Welches Element verbindet die Feiern in allen Terreiros?
Den wichtigsten Moment bilden die sogenannten Pontos, eine Art gesungene Gebete, die von Musik begleitet werden.
Umbanda wird von vielen Brasilianern mit einem gewissen Misstrauen beäugt. Woran liegt das?
Weil Umbanda immer mit negativen Begriffen beschrieben wird, wie „Hexerei“. Natürlich erschrecken die Menschen dann. Davon abgesehen hat es historische Gründe. In Brasilien wurden die Schwarzen immer als unterlegen und grausam oder als Hexer dargestellt. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie es verstanden, Kräuter zu nutzen, oder weil sie die Natur verehrten.
In der Vergangenheit hegte die katholische Kirche Argwohn gegen die afrobrasilianischen Religionen. Heute sind die neupfingstlichen Kirchen der Hauptgegner von Umbanda und Candomblé. Kann man das so sagen?
In der Vergangenheit verdammte die katholische Kirche die afrobrasilianischen religiösen Kulte, da sie aus ihrer Sicht das Böse herbeiriefen. Diese Haltung war in Brasilien in der Kolonialzeit weit verbreitet. Sie erfüllte auch ihren Zweck für Kontrolle und Überwachung der schwarzen Sklaven durch die weißen Besitzer.
In der Tat sind es heute die neupfingstlichen Kirchen, die Intoleranz an den Tag legen. In ihrem Bekehrungseifer schrecken sie auch nicht vor Gewalt gegen Anhänger der afrobrasilianischen Religionen und deren Räumlichkeiten zurück. Zum Beispiel werden immer wieder Bilder von Orishas zerstört, die sich in Straßen oder auf öffentlichen Plätzen befinden.
Interview: Paolo Moiola, Quelle: http://www.noticiasaliadas.org/
http://www.noticiasaliadas.org/articles.asp?art=7204.deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel