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Brasiliens Besserwisser

Gesundheitsminister Mandetta ist die Stimme der Vernunft in der Coronakrise. Präsident Bolsonaro versuchte bisher vergeblich, den Minister zu schassen. 

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Brasiliens Gesundheitsminister Luis Henrique Mandetta. Foto: Palácio do PlanaltoCC BY 2.0

In diesen Tagen kann man in Brasilien eine makabre Gleichung beobachten. Je mehr Corona-Tote das größte Land Lateinamerikas zu beklagen hat, desto populärer wird Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta. Und in den vergangenen Tagen stieg die Zahl der Covid-19-Todesopfer rasant an. Jeden Tag ein neuer trauriger Rekord. Mittlerweile hat Brasilien 1328 Menschen an die neuartige Lungenkrankheit verloren, mehr als alle anderen Länder Lateinamerikas zusammen.

Trotz dieser galoppierenden Zahlen führt der Mediziner Mandetta die Brasilianer routiniert und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend durch diese verwirrten Zeiten. Er wirkt dabei wie ein Arzt, der seinen 210 Millionen potenziellen Patienten Risiken und Nebenwirkungen der neuartigen Lungenkrankheit erläutert. Damit ist der 55-Jährige eine wohltuend besonnene Stimme, insbesondere im Vergleich zu seinem irrlichternden Chef, dem Präsidenten Jair Bolsonaro. Dieser redet die Corona-Krise seit ihrem Ausbruch in Brasilien Ende Februar penetrant klein, bezeichnet sie als eine kleine Grippe und negiert ihre Folgen.

Mandetta wirkt dagegen wie der Besserwisser in dieser Pandemie-Krise. Während sein Chef Ausgangssperren, Geschäftsschließungen und eigentlich jede Art von Restriktionen für Schwachsinn hält, hat der gelernte Orthopäde aus der Stadt Campo Grande im Soja-Staat Matto Grosso do Sul seine anfängliche Skepsis gegen Social Distancing längst abgelegt und befürwortet es jetzt genauso wie die Mehrzahl der brasilianischen Gouverneure. Er erweist sich als kompetenter Krisenmanager im Anti-Corona-Kampf und füllt die Rolle aus, die eigentlich Bolsonaro innehaben müsste. 

Benötigt: langer Atem

Unter anderem genau deswegen hängt Mandetta in seinem Amt in diesen Tagen immer an einem sehr dünnen Faden. Übereinstimmenden Berichten brasilianischer Medien zufolge wollte Bolsonaro seinen Ressortchef schon mehrfach entlassen, wurde aber von den moderaten Kräften in seiner Regierung und offenbar den Militärs daran gehindert. 

„Mandetta fehlt die Bescheidenheit“, kritisierte Bolsonaro. Ihm sei der Erfolg zu Kopf gestiegen. Mandetta ließ seinem Chef über die Tageszeitung „Folha de São Paulo“ kühl ausrichten: „Der Präsident hat ein öffentliches Amt, und wer das hat, redet. Wer es nicht hat, der arbeitet. So wie ich“.

Täglich schwört er seine Landsleute darauf ein, dass es einen langen Atem brauche, um die Krankheit zu besiegen. „Wir haben einen großen Kampf zu führen, und wir werden viel Geduld und Widerstandsfähigkeit benötigen“, sagt Mandetta immer, wenn er in seiner dunkelblauen Weste des „Sistema Único de Saúde“ (SUS), des staatlichen Gesundheitssystems, vor die Kameras tritt. Und die Brasilianer ziehen ganz offensichtlich mit. Laut Umfragen finden 76 Prozent der Befragten die vom Minister befürwortete Aufrechterhaltung der Quarantäne richtig.

Vor Corona war Mandetta dem Gros der Brasilianer weitgehend unbekannt. Der durch und durch konservative Politiker war seit 2010 Parlamentsabgeordneter und äußerte noch zu Zeiten der Linksregierungen der Arbeiterpartei PT massive Kritik an dem Programm „Mais Médicos" („Mehr Ärzte“) in dessen Rahmen Tausende kubanische Ärzte nach Brasilien kamen und dort arbeiteten, wo zuvor kaum ein brasilianischer Mediziner hinwollte. Mandetta aber sah weniger das Wohl für die Patienten, sondern fürchtete eine mögliche linke Unterwanderung. Darüberhinaus ist der bibelfeste Katholik ein erklärter Gegner der Abtreibung. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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