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Brasilien: Favelas sind schutzlos gegen Corona

Brasiliens riesige Armenviertel sind nicht auf das vorbereitet, was Experten vorhersagen. Für die Ärmsten der Armen gibt es nicht einmal Desinfektionsmittel.

Brasilien Rio de Janeiro Favela Vidigal

Favela Vidigal in Rio de Janeiro, Brasilien. Foto: Adveniat/Martin Steffen

„Meine größte Sorge ist, dass die Ärmsten der Armen gar keine Chance haben, sich an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zu halten“, sagt Fernando Luiz (37) aus Rio de Janeiro. Brasiliens riesige Favelas, aber auch die anderen Armenviertel Lateinamerikas sind der Covid-19-Epidemie praktisch schutzlos ausgeliefert. Das Gesundheitssystem in vielen Ländern ist so gut wie der eigene Geldbeutel. Wer sich eine private Krankenversicherung leisten kann, scheint -  zumindest was die medizinische Versorgung angeht - auf der sicheren Seite.

Desinfektionsmittel zu teuer

Es scheitert schon an Kleinigkeiten, berichtet Luiz im Gespräch mit Blickpunkt Lateinamerika. „In dieser Woche musste ich Desinfektionsmittel für 22 Reales kaufen, aber ich habe auch schon Preise von 25 bis 30 gesehen.“ Das sind umgerechnet etwa vier Euro damit ist für viele Favela-Bewohner schon das gesamte Tagesbudget ausgegeben – oder anders ausgedrückt: unbezahlbar. „Ich befürchte, dass all die, die sich selbst einfachste Schutzmaßnahmen nicht leisten können, einfach außerhalb des Systems sich selbst überlassen bleiben.“

Umgang mit Corona-Krise kostet den Präsidenten Sympathie

So ganz langsam kommt die Krise auch in den Köpfen der Menschen an. Die weltberühmten Strände Copacabana oder Ipanema waren unter der Woche trotz Sonnenschein fast menschenleer. Dort wo normalerweise Inline-Skater, Biker oder Jogger sich entlang der Avenida Atlantica bewegen, herrscht gähnende Leere. Dafür sind die Balkone voll. Und von vielen wurde in dieser Woche erstmals auf brasilianische Art demonstriert: Tausende schlugen mit einem Löffel auf die Kochtöpfe, riefen “Bolsonaro raus”. Für  Präsident Jair Bolsonaro, der bislang vor allem damit auffiel, die Krise in unverwantwortlicher Weise zu verharmlosen, ist das ein Alarmsignal. In Rios Süden ist eigentlich seine Wahlklientel zu Hause, nun fangen seine Wähler an, Stimmung gegen den Präsidenten zu machen. Nicht wenige fordern wegen der Haltung Bolsonaros ein Amtsenthebungsverfahren.

Kulturelle Veranstaltungen abgesagt

Luiz hat seine eigenen Maßnahmen schon getroffen: “Ich habe alle Veranstaltungen abgesagt.” Für den Kulturproduzenten ist das eine schwere Entscheidung. “Die Leute haben Angst, wenn wir das alles absagen. Wovon sollen die Menschen, die in diesem Sektor arbeiten, leben? Diese Leute leben vom Kontakt mit dem Publikum.”

Rios Gesundheitsministerium sucht Freiwillige als medizinische Helfer

Unterdessen versucht sich das Gesundheitsministerium von Rio de Janeiro auf das Schlimmste irgendwie vorzubereiten. “Wir brauchen Freiwillige”, heißt es in einem über die sozialen Netzwerke. “Wir brauchen Medizin-Studentinnen und Studenten sowie Profis mit abgeschlossener Ausbildung.” Brasilien liegt in der Entwicklung nach offiziellen Zahlen noch weit zurück. Zur Zeit gibt es 500 bestätigte Fälle, auffallend viele davon in der weißen Oberschicht, darunter allein drei Minister im Kabinett Bolsonaro. Sie haben offenbar einen leichten Zugang zu den Tests. Fernando Luiz und seine Nachbarn in den Favelas scheitern schon am Desinfektionsmittel.

Autoren: Tobias Käufer, Ramona Samuel

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