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Brasilien: „Die Obdachlosen haben große Angst“

Der katholische Priester Julio Lancellotti (71) kümmert sich in der Coronavirus-Krise um Obdachlose in der brasilianischen Metropole São Paulo, obwohl er selbst zur Risikogruppe gehört. Blickpunkt Lateinamerika hat mit ihm gesprochen.

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Padre Lancellotti im Gespräch mit Obdachlosen in São Paulo, Brasilien. Archivfoto 2005: Adveniat/Jürgen Escher

Wann haben Sie mit dieser Arbeit für die Obdachlosen begonnen und wann haben Sie gemerkt, dass das notwendig ist?

Lancellotti: Wir erleben eine Situation der Notlage durch die Pandemie. Und jene Menschen aus der Bevölkerung, die auf der Straße leben, sind besonders verwundbar. Aufgrund dieser Lage sind sie dem Virus praktisch schutzlos ausgeliefert, haben nichts, mit dem sie sich selbst schützen könnten. Wenn die Politik sagt 'Bleibt zu Hause!', dann fragen sie sich, 'Wo ist das, Zuhause?'. Wenn sie sagen, 'Wascht Eure Hände!' - wo kann sich ein Mensch, der auf der Straße lebt, die Hände waschen und wie? Und wenn sie sagen, Benutzt Desinfektionsmittel!' - wo sollen Obdachlose das herbekommen, um sich zu reinigen? Seife und all diese Dinge, die gebraucht werden, stehen ihnen nicht zur Verfügung. Deshalb befinden sich diese Menschen in einer akuten Notlage. Täglichen leben wir mit diesen Gruppen in verschiedenen Teilen der Stadt zusammen. Viele haben große Angst. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, angesichts der Nachrichten aus den Medien, von denen auch sie erfahren.

Ihre Gemeinde bietet einen Rückzugsraum für Obdachlose, was ist das genau?

Wir haben ein Haus mit dem Namen "Casa de Oração Povo da Rua", Haus des Gebets für Obdachlose, das von Dom Paulo Evaristo Arns erbaut wurde. Wir bieten diesen Raum der lokalen Verwaltung an, damit im Falle einer Quarantäne ein Rückzugsraum besteht. Wir warten nun auf eine Antwort der Gesundheitsbehörde, ob sie diesen Raum nutzen wollen oder nicht.

Wie sieht Ihre Hilfe konkret aus?

Wir hatten heute eine Ärztin hier, die den Menschen von der Straße verschiedene Informationen gegeben hat, wie sie sich schützen können. Wir haben Seife, Desinfektionsmittel und Hilfsmittel zur Vorbeugung verteilt. Wir haben auch Kleidung zum Wechseln ausgegeben, damit sich die Menschen einmal umziehen können. Aber dabei können wir es nicht belassen, die öffentliche Hand muss ein würdiges Leben dieser Menschen garantieren.

Ist Ihre Hilfe ein Beispiel für andere oder stehen Sie mit dieser Aktion alleine?

Es gibt verschiedene Organisationen wie die "Nationale Gruppe der Hilfe für Menschen auf der Straße" (Grupo Nacional de Apoio a População de Rua) und eine Kommission. Aber auch sie sind von dieser Krise betroffen und ihre Handlungsfähigkeit ist eingeschränkt. Ich habe jüngst ein Interview mit dem Bürgermeister von São Paulo gesehen, der gesagt hat, sie würden prüfen, ob sie Seife ausgeben können, damit sich die Menschen die Hände waschen können. Ich frage mich, was in Gottes Namen müssen sie prüfen? Das müssen sie sofort tun.

Wie ist die Stimmung unter den Obdachlosen?

Was ich sagen kann, ist, dass sie sehr verängstigt sind und sie viele Fragen stellen, was nun mit ihnen geschieht. Einige haben um Hilfe gebeten, damit sie ihre Familien sehen können. Weil sie nicht wissen, was passieren wird, wächst die Ungewissheit und damit auch die Furcht. Sie sind emotional sehr aufgewühlt. Sie versuchen, sich zu verteidigen, so gut es eben unter ihren Rahmenbedingungen möglich ist.

Interview: Tobias Käufer, Ramona Samuel

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