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Brasilien |

Bolsonaro dreht die Schraube der Radikalisierung weiter

Mitten in der Corona-Krise stürzt Brasilien ins politische Chaos. Nach dem Rücktritt des populären Justizministers Sérgio Moro ernennt Bolsonaro weiter Günstlinge - und hofft, dass diese ihn vor der Amtsenthebung schützen werden. Doch in den Behörden gärt es.

Brasiliens Justizminister Sergio Moro ist am vergangenen Freitag zurückgetreten. (Symbolbild 2015) Sérgio Moro, ajufe_oficialCC BY 2.0 

Der Rücktritt von Justizminister Sérgio Moro am Freitag und der folgende Rosenkrieg mit Präsident Jair Messias Bolsonaro stürzt Brasilien inmitten der Corona-Krise ins politische Chaos. Bolsonaro droht wegen der Schwere der Anschuldigungen durch Moro ein Amtsenthebungsverfahren. Und ohne Moro ist nun das Lager der "Vernünftigen" im Kabinett geschwächt.

Wenige Tage zuvor hatte Bolsonaro den moderaten Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta entlassen, weil der sich für Ausgangsbeschränkungen einsetzte. Brasilien hat bereits mehr als 4.000 Corona-Todesopfer, Tendenz rasant steigend. Mehr Einfluss bekommen nun die "ideologischen" Minister, die Bolsonaros rechtspopulistisch-konservative Linie fahren.

Moros Streit mit Präsident Bolsonaro

Moro war zurückgetreten, als der Präsident den Leiter der Bundespolizei entließ - der aber dem Justizministerium untersteht. Bolsonaro versuche, Ermittlungen gegen sich und seine Söhne zu stoppen, so Moros Vorwurf. Bolsonaro nannte ihn daraufhin einen "Lügner".

Bislang war Moro der Star im Kabinett und Brasiliens beliebtester Politiker. Als Antikorruptionsrichter hatte er mächtige Unternehmer und Politiker ins Gefängnis gebracht, darunter Bolsonaros Erzfeind, Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (2003-2010). Wegen Moros Urteil konnte Lula 2018 nicht kandidieren - was den Weg für Bolsonaro freimachte. Dieser ernannte Moro nach seinem Wahlsieg zum Justizminister - für Lula der endgültige Beweis für das von Moro angeführte Komplott.

Nun ist Volksheld Moro selbst zur Zielscheibe der radikalen Bolsonaro-Anhänger geworden. Am Sonntag verbrannten Demonstranten T-Shirts mit Moro als Supermann. Besonders übel nimmt man ihm, dass er noch am Freitagabend Whatsapp-Nachrichten Bolsonaros an den TV-Sender Globo weitergab, die den Präsidenten schwer belasten. Moro habe den Verrat von langer Hand geplant, um 2022 selbst Präsident zu werden, hieß es in Sozialen Medien.

Lula bezeichnete unterdessen beide als "Banditen" - Moro und Bolsonaro. Letztlich sei Bolsonaro nur ein Geschöpf jener Lügen, die Moro über ihn verbreitet habe. Während seiner Zeit als Richter hatte Moro der Presse wiederholt vertrauliche Ermittlungsergebnisse zugesteckt, um Lula und dessen Arbeiterpartei zu schaden. So war Moro maßgeblich am Sturz von Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff 2016 beteiligt.

Juristen halten Amtsenthebung von Bolsonaro für möglich 

Nun könnte Moro mit Bolsonaro den nächsten Präsidenten erlegen. Der Generalstaatsanwalt hat bereits das Oberste Gericht zu Ermittlungen aufgefordert, die sowohl Moros Anschuldigungen gegen Bolsonaro sowie dessen Replik gegen Moro untersuchen. Moro dürfte als erfahrener Richter genug Beweise in der Hinterhand haben, um dem Präsidenten zu schaden. Juristen sehen gleich mehrere Vergehen Bolsonaros, die für eine Amtsenthebung ausreichten.

Dafür bedarf es allerdings einer Mehrheit gegen Bolsonaro im Kongress. Derzeit bietet der Präsident Hinterbänklern Posten in der Regierung an, um eine Sperrminorität gegen ein mögliches Impeachment zu erlangen. Damit wirft er freilich seine Ankündigung über Bord, Postengeschacher wie in früheren Zeiten nicht mitzumachen.

Bolsonaro scheint mit einer zusätzlichen Radikalisierung auf die Krise reagieren zu wollen. So will er seinen früheren Leibwächter als neuen Chef der Bundespolizei einsetzen. Der ist zudem eng mit Bolsonaro-Sohn Carlos befreundet - der wiederum Ziel von Ermittlungen der Bundespolizei ist. In der Behörde regt sich bereits Widerstand gegen den neuen Chef. Bolsonaro reagierte darauf mit einem "Na und?". Schließlich sei es nicht verboten, Freunde seines Sohnes zu ernennen.

Ermittlungen gegen Bolsonaros Sohn 

Am Samstag berichteten Medien, die Bundespolizei habe Carlos Bolsonaro bereits als Chef eines Fake-News-Netzwerkes enttarnt, das Hasskampagnen gegen das Oberste Gericht fährt und eine Intervention des Militärs fordert. Das Oberste Gericht ordnete vorsorglich an, dass die Ermittler in den Fällen, die den Präsidenten und seine Söhne betreffen, nicht ausgetauscht werden dürfen.

Wie Bolsonaro durch diese Krise kommt, hängt auch von den Militärs ab, die fast alle wichtigen Regierungsposten besetzt haben. Viele sind persönliche Freunde Bolsonaros aus dessen Militärzeit. Ob ihn aber das Gros der Generäle vor der Amtsenthebung schützen würde, ist unklar. In diesem Fall würde mit Vizepräsident Hamilton Mourao ein General ins oberste Staatsamt nachrücken.

Autor: Thomas Milz (kna) 

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