Bis zu zehn Jahre Haft für Corona-Falschmeldungen in Bolivien
In Bolivien stößt ein jüngstes Dekret von Übergangspräsidentin Jeanine Añez auf Gegenwehr von Opposition und Medienverbänden. Dem Dekret zufolge soll die Verbreitung von Falschinformationen, sei es in "Schrift, Druck oder der Kunst", welche die öffentliche Gesundheit während der Corona-Pandemie gefährde oder die Bevölkerung verunsichere, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden, berichtet die bolivianische Tageszeitung "La Razón“.
Verschiedene Journalistenverbände in Bolivien kritisierten das Mediengesetz als Verstoß gegen die Presse- und Meinungsfreiheit und forderten dessen Rücknahme. Boliviens Ombudsstelle für Menschenrechte erklärte, sie werde Verfassungsbeschwerde einlegen. Die Vorsitzende des Senats, Eva Copa von der Ex-Regierungspartei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), verurteilte das Gesetz als "klaren Bruch der Meinungsfreiheit."
Der Präsidial-Minister der Übergangsregierung, Yerko Nuñez, reagierte auf einer Pressekonferenz indes auf die Kritik: Er teilte mit, dass Journalisten nichts zu befürchten hätten, denn ihre Arbeit falle unter das Druckgesetz, welches das Dekret nicht beeinflusse. Die neue Verordnung gelte laut Nuñez nur für Menschen, die versuchten, in den sozialen Medien Verwirrung zu stiften und die bolivianische Gesellschaft zu spalten, zitieren lokale Medien übereinstimmend den Minister. Die Kritiker sehen das deutlich anders.
Das Dekret kommt zu einer ohnehin turbulenten Zeit: Gegen die Corona-Maßnahmen der Übergangsregierung regt sich zunehmend Widerstand in Form von Protesten. Auch von internationalen Organisationen kam Kritik: Amnesty International und Human Rights Watch hatten sich gegen die im April beschlossenen Quarantäne-Verordnungen der Regierung positioniert, da diese die Meinungsfreiheit einschränken würden. (bb)